Die Barbarei der Zivilisation

Andreas Rebers regelt in der Lach & Schieß alles mit Musik und beißendem Spott
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Andreas Rebers regelt in der Lach & Schieß alles mit Musik und beißendem Spott

Palastrevolution in Schwabing: Die Porträts der Hausgötter von Dieter Hildebrandt bis Bruno Jonas sind weg. Statt dessen hängen Abbildungen junger Frauen im Stil der späten 1960er-Jahre an der Wand der Lach- und Schießgesellschaft. In Wirklichkeit handelt es sich dabei, belehrt Andreas Rebers, um Ikonenmalerei der Bitocken, einer Glaubensgemeinschaft aus „Teilzeitjuden, Gelegenheitsmoslems und Ein-Euro-Christen“. Die Bilder sind von Stanley Kubrick – als Beweis dient ein Szenenfoto aus „Uhrwerk Orange“, bei dem eines der Exponate im Hintergrund zu erkennen ist.

Am Beginn der Uraufführung von Rebers Kabarettsolo ist klar: Jetzt ist er völlig durchgeknallt. Aber mit dem Hinweis auf Kubrick hat Rebers seinem Publikum den Generalschlüssel zu seinem Werk geschenkt: Der ultrabrutale Kino-Schocker verstört seit 1971 zuverlässig, weil hier Barbarei als Zivilisationsschaden beschrieben wird. Auf den Wellen, die solche Paradoxien werfen, reitet Rebers mal still vergnügt, mal laut singend. Da propagiert er die „Dachlatten-Pädagogik“, bei der widerspenstigem Nachwuchs der Scheitel mit der Dachlatten gezogen wird, bis „die Kopfhörer aus den Ohren fallen“. Oder aus tibetanischem Mönchsgesang erhebt sich die Geschichte einer Rockband frustrierter Frauen, die dann die Grünen gründen.

Die Parteizugehörigkeit spielt aber keine Rolle um, Rebers Spott auf allerhöchstem Niveau auf sich zu ziehen: Der gute Wille zählt, wenn er Monster schafft wie „Biowildlachs“ – bio gezüchtet oder wild ohne Bio-Futter aufgewachsen? Nur das im Titel gegebene Versprechen, „Ich regel das", bleibt ungehalten. Gar nichts ist geregelt. Aber wenn wir gerade darüber in brüllendes Gelächter ausbrechen können, dann verdanken wir das der Kunst von Rebers.

Mathias Hejny

Lach- und Schieß, bis Samstag, 20. bis 24. und 28. bis 31. Juli 2010, 20 Uhr, Tel. 391997

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