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Oscar-Triumphator in Schwierigkeiten? Florian Henckel von Donnersmarck steht mit Angelina Jolie, Johnny Depp und „The Tourist“ vor einer harten Bewährungsprobe
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Oscar-Triumphator in Schwierigkeiten? Florian Henckel von Donnersmarck steht mit Angelina Jolie, Johnny Depp und „The Tourist“ vor einer harten Bewährungsprobe

Er war unser Goldjunge: Umgesiedelt von München über Berlin und – nach dem Oscar-Triumph 2007 – in die Filmtraumstadt L. A., in das Edelviertel Pacific Palisades, wo schon Thomas Mann und Lion Feuchtwanger lebten und heute Steven Spielberg und Whoopi Goldberg in der Nachbarschaft sind.

Jetzt aber kündigt sich ein grandioser Flop an: In den USA spielte „The Tourist“ am Startwochenende nur 16,5 Millionen Dollar ein. Dabei verspielte Donnersmarck eine einmalige Chance: Gleich die zwei spektakulärsten Film-Stars hatte Hollywood ihm anvertraut: Angelina Jolie und Johnny Depp saßen mit ihm in einem Boot in Venedig, wo der romantische Thriller „The Tourist“ spielt. Beide sind nominiert für den Golden Globe, der Film selbst in der Kategorie „Komödie“.

Dennoch höhnte die amerikanische Presse: „Von der ersten Begegnung an ist klar, dass zwischen den Stars die Chemie nicht stimmt“, schreibt der „Hollywood Reporter“. Alles sei „verrückt, künstlich, dumm“! Auch deutsche Zeitungen haben im Vorfeld bereits die Vernichtungs-Keule aus dem Sack geholt. Es ist der klassische mediale Doppeleffekt: erst hochjubeln, dann draufhauen. Florian Henckel von Donnersmark ist eine Art Film-Gutti aus altrheinischer Familie. „Thank you, Germany and Bavaria“ sagte er in der Nacht des 26. Februars 2007 begeistert brav in seiner 45-sekündigen Dankesrede im Kodak-Theatre. Donnersmarck hatte zuvor mit dem Stasi- drama „Das Leben der anderen“ schon zig deutsche und europäische Filmpreise abgeräumt. 1,6 Millionen Euro hatte der Film gekostet, fast 60 Millionen spielte er ein.

Jetzt hatte er 100 Millionen Dollar zur Verfügung, 200 Millionen Einspielergebnis wird von Donnersmarck erwartet.

Viele Köche

„The Tourist“ stand von Anfang an unter keinem guten Stern: 5 Drehbuchautoren hatten schon herumgedoktort, Regisseur Lasse Hallström sagte ab, Charlize Theron war schon angefragt, bis Angelina Jolie die Sache und den Hörer in die Hand nahm und Donnersmarck fragte, ob er nicht den Film mit ihr drehen wolle. Er sagte ab, dann wieder zu.

Währenddessen drehte sich auch das Karussell der Hauptdarsteller: Von Tom Cruise über den „Avatar“-Neustar Sam Worthington, der wegen „kreativer Differenzen“ mit Donnersmarck ausstieg. Wodurch Johnny Depp ins Spiel kam, der – ungewöhnlich offen – in Interviews andeutete, auch seine Chemie mit dem 2,05 Meter großen Regisseur habe nicht ganz gestimmt.

Gegen die noch folgenden Schwierigkeiten war dann die Episode, dass Vanessa Paradis ganz insouverän verlangte, die Duschszenen ihres Lebensgefährten Depp mit Jolie bitte rauszuschneiden, lächerlich. „The Tourist“ geriet in Zeitnot, weil Depps vierter „Fluch der Karibik“ drohte. Statt fünf Jahre wie beim „Leben der anderen“ hatte Donnersmarck nur neun Monate. Da war es selbst im Größenwahn-Hollywood nicht möglich, Venedig nachzubauen. Also suchte Donnersmarck tagsüber Original-Locations, nachts schrieb er am Drehbuch. Das ist auch noch ein Remake von „Fluchtpunkt Nizza“ mit Sophie Marceau. Vor zwei Wochen konnte man ihn im ZDF sehen. Aus Marceau wurde Jolie, aus Nizza Venedig, nur dass hier auch noch Hochwasser einige der 58 Drehtage bedrohte.

Jetzt kann der Perfektionist Donnersmarck nur noch alles laufen lassen. Vielleicht ist es ein Trost, dass es nach einem umjubelten Erstlingswerk immer schwer ist, im Folgenden den Erwartungen zu genügen.

Ob von Donnersmarck sich nach leichteren Tagen in Bayern zurücksehnt? Vor drei Jahren überreichte ihm Edmund Stoiber den Bayerischen Verdienstorden. Nochmal sieben Jahre zuvor bekam der damals 27-Jährige seine erste Film-Trophäe – einen Preis der AZ, den „Jungen Stern“ für „Dobermann“, seinen HFF-Studentenfilm.

Adrian Prechtel

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