Des Holländers Abstecher ins Rokoko-Boudoir
Bayreuth-Besuch in Strauss’ „Rosenkavalier” mit der umjubelten Renée Fleming
Leicht möglich, dass sich Jan Philipp Gloger noch schnell vor dem „Tannhäuser” aus Bayreuth verzupft hat. Man kann es ihm kaum verdenken, Alkoholator und Fäkalienwiederaufbereitung machen nicht wirklich Freude. Aber dass der Regisseur des neuen „Holländers” in Otto Schenks mehrfach reanimierten Münchner Rokoko-„Rosenkavalier” marschiert, darf uns mindestens ratlos machen.
Vermutlich hat auch Gloger zwischendurch Lust auf Pralinen, bei denen man noch rausschmeckt, was Marzipan, Ganache und was Kuvertüre ist. Mittlerweile geht’s einem beim (immer noch) schneidigen Auftritt der Husaren-Eskorte Octavians mit ihren wippenden Federbuschen ja fast schon wie Erz-Münchnern beim Wiesn-Einzug. Sollte die Produktion also je Gefahr laufen, in den Orkus zu wandern, wird Jürgen Roses köstlich-charmante Nachbildung der Amalienburg ganz sicher von einem Strauss-Flashmob instandbesetzt. Egal, wer grad die silberne Rose schwingt.
Aber da sind die Münchner eh verwöhnt. Diesmal von der fabelhaften Sophie Koch, die schon optisch ein hübsches Kerlchen abgibt und mit dem Octavian sowieso besser beraten ist, als mit einer Wagner-getunten Fricka. Abgesehen davon ist Koch die einzige, die sich problemlos gegen ein mächtig auffahrendes Staatsorchester durchsetzen kann. Constantin Trinks liebt die große Geste, geht auch mal im dritten Gang mit 120 in die Kurven, um dann ein Hochglanz-Fortissimo schnell wieder ins Piano zu drücken. Dazwischen gibt’s nicht viel, schon gar keine Detailarbeit, so dass Strauss’sche Raffinesse auf der Strecke bleibt.
Was zuweilen auch fürs Personal gilt. Franz Hawlata werkelt sich mit wenig pointierter Parlando-Routine durch den Ochs. Sein braves Opfer, die glockenklare, aber selbst in der Rage fade Camilla Tilling hat als Sophie Mühe, sich neben der Grandezza einer Renée Fleming zu behaupten. Auch wenn sich diese geschmackvolle Samt-Marschallin kaum aus einer anrührend intimen Nachdenklichkeit locken lässt und mit sparsamen Mitteln vor allem um ihre schöne Stimme kreist. Was sie singt? Ist so wenig verständlich wie das Hofmannsthal-Kisuaheli ihrer Kollegen (bis auf Martin Gantner als Faninal). Aber wen kratzt das schon bei diesem Lächeln?
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