Der Weihnachtsmann im AZ-Interview
Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmann über Hunde, Halloween und Horst Seehofer
Wir haben den Weihnachtsmann in seinem deutschen Hauptquartier in St. Himmelstor getroffen. Überall Geschenke, Schlittenhunde und am Boden zog eine Spielzeugeisenbahn ihre Kreise.
AZ:Lieber Weihnachtsmann, wie geht es Ihnen?
Weihnachtsmann: Das ist ja eine intelligente Einstiegsfrage. Fangen Sie Ihre Interviews immer so an? Sie sehen ja, zum Jahresende kommt immer alles zusammen. Das geht dem Weihnachtsmann wie den Menschen. Ich sehne mich jetzt schon nach der Zeit der Ruhe zwischen den Jahren.
Welche Geschenke sind denn in diesem Jahr besonders gefragt?
Weihnachtsmann: Nun, Spielzeugeisenbahnen gehen leider gar nicht mehr. Nur CSU-Chef Horst Seehofer wünscht sich jedes Jahr was hinzu, der soll ja eine Anlage in seinem Keller haben, wie kürzlich zu lesen war.
Das Stellwerk von Ingolstadt oder einen Angela-Merkel-Tunnel?
Weihnachtsmann: Das werde ich Ihnen bestimmt nicht verraten. Ansonsten laufen nur noch Kaschmirschals und Elektronik. Eigentlich hätte ich dieses Jahr Weihnachten als Videospiel auf den Markt werfen müssen. Merchandising, Sie verstehen. Aber die Amerikaner und die Chinesen sind uns zuvor gekommen.
Wie das denn?
Weihnachtsmann: Nun, seit Jahren habe ich dort mit harter Konkurrenz zu leben. Die Santa Claus Inc hat sich mit eine Brausefirma zusammengetan und terrorisiert den ganzen Kontinent mit Jingel Bells. Inzwischen haben die Amerikaner „Santa Claus 1“ und die Chinesen sogar schon „Santa Claus 2 – Holy Snow Race“ als Computerspiel herausgebracht. Damit nicht genug. Diese angelsächsischen X-Mas-Kapitalisten promoten auch noch Halloween. Die Hexenkostüme lassen sie billigst in Bangladesch produzieren. Dieser Budenzauber läuft uns zunehmend den Rang ab. Es ist zum Barthaare ausraufen.
Und was setzen Sie diesen Vermarktungskampagnen entgegen?
Weihnachtsmann: Nachhaltigkeit. Schließlich sind wir ein europäisches Unternehmen. Tannengrün, Kerzen, Gesang und Bücher. Neue Bescheidenheit in den Zeiten der Krise, soll heißen Würstchen mit Kartoffelsalat und nicht dieser ewige, elendige Lachs. Champagner ok, aber Holz und Lakritz statt Plaste und Elaste. Weltfrieden natürlich. Außerdem setzen wir uns bei der Klimaerwärmung für das Zwei-Grad-Ziel ein, sonst kommen unsere Schlittengespanne mangels Schnee nicht mehr voran. In diesem Jahr hat das ja zunächst ganz gut geklappt mit dem Winter.
Wieso eigentlich Hunde? Wir dachten immer, Sie sind mit Rentieren unterwegs.
Rentiere wären viel zu schlapp für diese riesigen Entfernungen. Strolchen sie mal von Hammerfest nach Castrop Rauxel in einem Tag durch den finsteren Tann, das schaffen sie nur mit Hunden. Habe ich ja alles auch schon tausendmal gesagt. Aber mir hört ja keiner zu. Und dass Weihnachten ein Fest der Besinnung ist. Hält sich auch fast keiner dran. Wir müssen da aber wieder hin. Es ist eben eine Frage der Werte, wie die Politiker immer sagen. Außerdem geht es um Entschleunigung. Wir hätten früher Einkehr gesagt. Ich glaube, auf die Dauer läuft das gut für uns, gerade jetzt nach der Wirtschaftskrise.
Das geben wir gerne weiter.
Weihnachtsmann: Glaub ich Ihnen nicht.
Was halten sie eigentlich von Geldgeschenken?
Weihnachtsmann: Gar nichts.
Und wenn die Stadtwerke Bochum 25.000 Euro...
Weihnachtsmann: ... abgeschmackt.
Lassen Sie sich denn für ihre Vorträge bezahlen?
Weihnachtsmann: Sie meinen für „Von drauß' vom Walde, da komm ich her?“ (lacht schallend). Da sind die Rechte längst abgelaufen. Außerdem lag das Copyright damals bei Theodor Storm. Darf ich noch was sagen?
Bitte sehr.
Weihnachtsmann: Die Griechen tun mir leid. Schließlich bin ich ja selber einer. Und jetzt lacht ganz Deutschland über uns. Jedermann sollte sich einen Griechen unter den Baum einladen. Und dann „Kyrie Eleison“ singen. „Herr, erbarme dich“, wenn ich das übersetzen darf. Oder von mir aus auch „Leise rieselt der Euro“.
Dass das klappt, können wir aber nicht versprechen.
Weihnachtsmann: Das hab ich mir schon gedacht. Nun aber hinaus mit Ihnen.