Der Traum vom klimaneutralen Road-Movie

Die neue Bewegung: Neil Young rüstet seinen alten Lincoln um und rockt darüber
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Die neue Bewegung: Neil Young rüstet seinen alten Lincoln um und rockt darüber

Du musst dich morgens hinter dein Maultier stellen und pflügen“, rumpelte Tom Waits 1999. Ähnlicher Rhythmus, selbe Melodie: „You gonna get behind the wheel in the morning and drive“, singt Neil Young auf seinem ruppig-ruckelnden Reise-Album „Fork In The Road“ – zwar ohne Crazy Horse, aber fast so schön grobmotorisch rockend.

Neil Young träumt von Bewegung. Von einem Schlachtschiff aus der Zeit, als man Benzin einfach in den Tank pumpte. Aber Young lässt seinen Lincoln Continental, Baujahr 1959, umrüsten zum klimaneutralen Mobil, das Biosprit tankt. Garagenbastelei und Reiseroute sind auf Neils Homepage zu verfolgen. Und in „Johnny Magic“ stellt er uns den Umbau des Wagens als geradeaus prügelnde Country-Ballade vor.

Wo ist die Kohle hin?

Auf „Fork In The Road“ macht der alte Young das, was sich die anderen nicht trauen, denen das simple „Yes We Can“-Gefühl immer noch genügt. Nicht nur, dass er sich exzessiv – „Hit The Road“ – für die ökologische Bewegung begeistert, Neil Young fragt sich auch, wo plötzlich das ganze Geld hin ist und skandiert, während er über Schlaglöcher rumpelt: „Spuckt die Kohle aus, spuckt die Kohle aus.“

Die Geschichte der kollektiven amerikanischen Bewegungsmeditation reicht bis hinab zu den Siedlertrecks. Der Dust Bowl zwang die Arbeiter wieder auf die Straße. Und die Beatniks, angeführt von Jack Kerouac, erlebten den Selbstzweck der Reise. Mit seinem Soundtrack zu „Dead Man“ hat Young vorgeführt, wie man einen Weg bis zu seinem Ende mit einer E-Gitarre bebildert. Und mit „Fork In The Road“ hat er ein Album geschaffen, das herrlich holpernd vorwärtsrollt.

Mehr, als man erwarten darf

Unfertig in Sound und Texten: „Einfach nur einen Song zu singen, wird die Welt nicht verändern“, weiß Young in „Just Singing A Song“. Sich das einzugestehen und sich einzig von der rockenden Bewegung tragen zu lassen, zu beschreiben und schlechte Textzeilen wie Kolbenfresser zu akzeptieren, das ist mehr, als man von einem Album erwarten darf, das sich ohne den ekligen Drang, politischen Hoffnungsträgern hinterherzusingen, für die Zukunft interessiert.

Christian Jooß

Neil Young: „Fork In The Road“ (Reprise/Warner)

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