Der Stern, den sie Schnuppe nannten
Ach, wie herzlich, wie heimelig war das damals in den 1980ern: Da gab es noch öffentlich-rechtliches Fernsehen, das einem in aller Seelenruhe den mittelständischen Alltag widerspiegelte. Großeltern, Eltern und Kinder unter einem Dach, viel Harmonie, ein paar Turbulenzen – all das wurde von den „Wicherts von nebenan” durchgespielt. Von 1986 bis 1991 war die Serie eine sichere Bank für die Erholung am ZDF-Vorabend. Und Maria Sebaldt verkörperte die herrlich patente Hannelore Wichert, Kosename: Schnuppe, die, selbst ist die Frau, eine Getränkehandlung und später eine Kneipe führte.
„Ich werde immer wieder auf die Serie angesprochen”, erzählt Maria Sebaldt heute. „Eine tolle Arbeit! Es wurde sehr sorgfältig gedreht, mit viel Zeit und viel Liebe zum Detail.” Zuvor hatte sie in „Ich heirate eine Familie” mitgemacht, war Bille, „so eine überkandidelte Figur, wo man sich toll anziehen konnte, mit Hütchen und Trarara”. Eher Bille als Schnuppe steckt nun in der Rolle, in die Sebaldt ab morgen in der Komödie im Bayerischen Hof schlüpfen wird. In „Eine Bank in der Sonne” von US-Autor Ron Clark treffen sich zwei Herren regelmäßig auf einer Bank vor einem Seniorenheim, reflektieren ihr Dasein, kabbeln sich – und bekommen es mit der in die Jahre gekommenen Schauspielerin Adrienne zu tun.
Bei Fernweh hilft das Traumschiff
„Sie mischt die zwei ein wenig auf”, meint Sebaldt. „Sie flirtet erst mit dem einen, dann mit dem anderen.” Bereits 2006 hat sie die Rolle an der Komödie Düsseldorf gespielt. Schon damals spielte Jürgen Thormann den adrett gekleideten Harold. Dieses Mal übernimmt er auch noch die Regie, Horst Sachtleben macht als Burt das Trio perfekt. Clarks Stück nimmt das Alter von der komischen Seite, aber Adrienne verbirgt sich hinter ihrer temperamentvollen Fassade: „Sie weiß gar nicht mehr richtig, was Wahrheit oder Spiel ist. Das hat nichts mit Vergesslichkeit zu tun. Sie spielt ihr Leben.”
Maria Sebaldt hat ihr Leben lang gespielt. Ende des Zweiten Weltkriegs verschlug es sie und ihre Mutter nach Thüringen, nachdem Berlin zum dritten Mal zerbombt worden war. Am Landestheater Sondershausen hatte sie ihr erstes Engagement, 1950 kehrte sie nach Berlin zurück und machte ihren Schauspielabschluss. Ihre erste Filmrolle hatte sie neben Hans Söhnker in „Die Stärkere” (1953), spielte über Jahrzehnte hinweg an Bühnen wie der Komödie am Kurfürstendamm. Seit den 1960ern wohnt die Charakterdarstellerin in München. Nach dem Tod ihres Ehemanns, dem Regisseur Robert Freitag im Juli 2010, lebt sie weiterhin in Grünwald mit ihrer Tochter, einer Bildhauerin, und dem 12-jährigen Enkel.
Praktisch sei die Rolle in der Komödie im Bayerischen Hof bei allem Spaß: „Ich kann jeden Abend nach Hause fahren!" Die 81-Jährige packt jedoch auch regelmäßig das Fernweh, was sie glücklicherweise mit dem Beruf verbinden kann: Mit sechs Gastauftritten auf dem „Traumschiff” ist sie Rekordhalterin auf Deutschlands unsinkbarem TV-Kreuzer. Wird es ein siebtes Mal geben? „Der Radi (Produzent Wolfgang Rademann) hat gesagt, in diesem Jahr hast du ja keine Zeit, und wir sind auch schon voll. Aber das sage ich dir: Im nächsten Jahr biste wieder dabei!”, freut sich Maria Sebaldt und zwinkert einem zu, so charmant, wie man es von der Frau von nebenan kennt.
Komödie im Bayerischen Hof, Premiere morgen, bis 14.4., 29.4. bis 19.5., Mo bis Sa 20 Uhr, So 18 Uhr, Tel. 29 16 16 33
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