Der sicherste Kandidat
Der Oscar für Christoph Waltz als bester Nebendarsteller gilt schon als vergeben. Seine Karriere kommt nun richtig in Schwung
Hinterher haben es immer alle gewusst. Die Schauspielerkollegen, die alle voll des Lobens über den wunderbaren Christoph Waltz sind und die Regisseure und Produzenten, die ihn Jahre in den Untiefen der deutschen TV-Unterhaltung versteckten. Aber Waltz kann das alles egal sein. Seit Wochen eilt der 1956 in Wien Geborene quer über den Globus von einer Preisverleihung zur nächsten und holt sich den Lohn für seine fantastische Darstellung in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“. Christoph Waltz gilt als sicherster Oscar-Kandidat für die Verleihung in der Nacht auf Montag, alle Wettbüros sehen ihn vorn bei einer Quote von 1,06.
Aber der Vater von vier Kindern hat auch unabhängig vom Ausgang der Gala schon gewonnen. Jetzt darf er endlich international beweisen, dass er ein Ausnahmeschauspieler ist, was ihm in Deutschland viel zu selten gelingen konnte. Es fehlten die richtigen Angebote. Zwar brillierte Waltz als Oetker-Entführer in „Der Tanz mit dem Teufel“ und erhielt ebenfalls für die Komödie „Dienstreise“ einen Grimme-Preis, aber erst Quentin Tarantino rettete Waltz vor der deutschen TV-Tristesse: Als grausamer, aber kultivierter SS-Standartenführer Hans Landa offeriert Waltz alle Facetten seiner Schauspielkunst.
Ein Mann für schwierige Rollen
Dass er zukünftig in Hollywood nicht „den Nazi“ bedienen muss, sondern schon psychologisch komplexe und schwierige Rollen angeboten bekommt, ist kein Wunder. Für die Romanverfilmung „Water for Elephants“ ersetzt er sogar den ursprünglich vorgesehenen Sean Penn. Waltz soll in dem Film an der Seite der Hollywood-Stars Reese Witherspoon und Robert Pattinson die Hauptrolle eines brutalen Tierdompteurs spielen. In der Comic-Verfilmung „The Green Hornet“ spielt Waltz den Bösewicht Chudnofsky, eine Rolle, die zunächst Nicolas Cage übernehmen sollte.
Hollywood liegt ihm zu Füßen
Und Regie-Sonderling David Cronenberg („Naked Lunch“) konnte ja gar nicht mehr anders, als sich den Wiener Waltz als Sigmund Freud für sein Projekt „Talking Cure“ zu wünschen. Hollywood, so scheint es, liegt Christoph Waltz zu Füßen. Auch ohne Oscar. Auf die Frage, ob er nun Deutschland verloren gehe, sagte Waltz am Rande der Verleihung des britischen Filmpreises vor wenigen Wochen sybillinisch: „Ist denn das verlorene Objekt schuld daran, wenn es verloren geht?“ Sicher nicht.
Schon in Cannes, nach der Premiere von „Inglourious Basterds“, war sich die internationale Kritik einig. Christoph Waltz, der Mann, der Brad Pitt mühelos an die Wand spielte, hat alle Chancen für eine Weltkarriere. Und er wird seinen Zeiten im „Polizeiruf“, als Roy Black oder im „Kommissar Rex“ gewiss nicht lange nachtrauern. Den Oscar aber kann er in vertrauter Atmosphäre feiern, mit Landsmann Michael Haneke und bewirtet vom österreichischen Star-Koch Wolfgang Puck, der schon zum 16. Mal die Gala-Gäste verköstigt. „Der wird schon gewinnen, und dann kommt er am nächsten Tag zu mir ins Spago-Restaurant, und ich koche ihm, was er will. Denn wer einen Oscar hat, der darf sich alles wünschen“, versprach Wolfgang Puck seinem Landsmann.
Volker Isfort