Der Schöne und das Biest

Kann es eine bessere Besetzung geben? Kaum, findet die AZ
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Kann es eine bessere Besetzung geben? Kaum, findet die AZ

Sie hat etwas Zerstörerisches an sich – und provoziert auch gerne. In der Habanera sucht sie sich unter den Statisten, welche die Ruinen von Lina Wertmüllers Staatsopern-Inszenierung bevölkern, ausgerechnet den Priester aus, den sie frech und aufmüpfig ansingt: „L’amour est un oiseau rebelle“.

Ein „rebellischer Vogel“, das ist Elina Garanca als Carmen. Vergleicht man ihr grandioses Staatsoperndebüt in dieser Rolle mit ihrem Auftritt vor ein paar Monaten in Londons Covent Garden, dann fällt auf, wie viel an Intensität sie dazu gewonnen hat, wie es ihr gelingt, Fatalismus und Freiheitsdrang auch im gesanglichen Ausdruck zu beherrschen. Und wie sie geradezu genüsslich die Waffen einer Frau gebraucht: ein Augenaufschlag, eine kleine obszöne Geste – es ist ein Wunder, dass sich Don José so lange ziert.

Nicht immer wusste Jonas Kaufmann mit dem Bühnenraum etwas anzufangen. Zumeist stand er ein wenig hölzern herum. Aber er sang hinreißend. Vor allem: Er forcierte nie, wagte leise Momente, etwa zum Schluss der „Blumenarie“, die zwar von Bizet so komponiert sind, aber zumeist um des Effektes wegen oder auch aus Unvermögen ziemlich direkt angegangen werden.

Waschlappen und Drama-Queen

Dass er in dem verliebten Sergeanten eher einen Waschlappen sieht, der sich an Mamas Rockzipfel klammert, ist Geschmacksache. Don José hat eben Pech. Er ist der falsche Mann am falschen Platz. Schade, dass Genia Kühmeier als Micaela die naive Bauernmädchen-Pose so verinnerlichte. Carmens Erotik- Power war nie gefährdet. Ildebrando d’Archangelos Macho-Posen mochten für den Escamillo angebracht gewesen sein. Stimmlich bot der italienische Bariton allenfalls Routine.

Glanz kam aus dem Orchestergraben. Dirigent Karel Mark Chichon, der Ehemann Elina Garancas, heizte mächtig ein, war aber mit dem wunderbar sensibel reagierenden Staatsorchester auch immer zur Stelle, wenn die Musik leise um Empfindsamkeit rang. Die kommenden Aufführungen sind zwar ausverkauft, aber den Versuch, eine Karte zu ergattern, sollte man dennoch wagen.

Volker Boser

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