Der pentatonische Bomber
Motörhead und Lemmy Kilmister sind vor über 5000 Fans im Zenith so aktuell wie nie
Schon gewusst, dass Lemmy Kilmister (62) nicht nur der große, alte, weise Bass-Mann des Heavy-Metal-Blues ist, sondern auch prophetische Fähigkeiten hat? Im Internet amüsieren sich Fans von Motörhead gerade prächtig über eine interessante Neuinterpretation eines Songs von 1979 – Lemmy, so heißt es, singe dort nämlich nicht „(A) Bomber!“, sondern, wenn man ganz genau hinhört: „Obama! Obama!“
Ob das stimmt, sei dahingestellt, aber Motörhead sind aktuell wie nie. Über 5000 Besucher – von 16-jährigen Mädchen über leitende Angestellte bis zur Altrockfraktion – füllen das Zenith und feiern vom Auftakt mit „Iron Fist“ bis zum finalen Interferenz-Rauschen nach „Overkill“ eine dramaturgisch und soundmäßig perfekte Vorstellung.
Eine musikalische Katharsis
Zwei Songs vom neuen Album „Motörizer“, 17 weitere aus 33 Jahren Bandgeschichte. Meist straff pentatonisch, mal gezielt dissonant, immer wieder im Klanginferno suhlend – so schön, energiereich und reinigend kann Musik sein. Wie eine Stahlskulptur von Richard Serra thront die Band auf der Abraumhalde des Metal: unverrückbar, zeitlos.
Sie spielen „Metropolis“ (Gänsehautgefühl), „Going To Brazil“ (zum Ausflippen), „Perfekt Day“ (es lebe die Les-Paul-Gitarre), „Ace Of Spades“ (der Hit zum Schluss). Und zwischendrin als Überraschungs-Gutti akustisch und mit Mundharmonika den „Whorehouse Blues“ im tiefschwarzen Südstaatenstil.
Manche behaupten, bei Motörhead klinge alles gleich. So kann nur reden, wer keine Ohren hat. Wer im Zenith dabei war, hat ob der Lautstärke jetzt zwar auch keine Ohren mehr – aber er weiß Bescheid.
Michael Grill
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