Der neue Saubermann? Sido in der Tonhalle

Sido als Saubermann? Der Berliner Rüpelrapper ist in der Tonhalle aufgetreten.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Sido als Saubermann? Der Berliner Rüpelrapper ist in der Tonhalle aufgetreten.

„Prost München“ – „Prost Sido“; „Danke!“ – „Bitte!“. Selbst beim Jägermeistertrinken zelebriert Sido sein selbstironisches neues Saubermannimage. Statt Totenmaske trägt der Berliner Rüpelrapper in der gut gefüllten Tonhalle eine schicke Sonnenbrille, während die abgewetzte Gangster-Kluft einer Seidenkrawatte, weißen Handschuhen und einem edlen Anzug im Jan Delay-Stil weicht. Auch musikalisch entfernt sich Sido mit den Hits aus den Alben „Ich & meine Maske“ und „Aggro Berlin“ deutlich von seinen Prolo-Wurzeln.

Für seine hochprofessionelle, fast zweistündige Mitmach-Unterhaltungsshow reicht Sido die klassische HipHop-Besetzung aus DJ und MC nicht mehr aus; eine vierköpfige Band untermalt jetzt seine Erfolge („Hey Du!“) vor einem riesigen „The New Sido Times“-Zeitungsprospekt - auf Kosten einiger Samples, die im Klangbrei untergehen. Das jugendliche Publikum zeigt sich sowohl bei ruhigeren Songs, wie die Liebesliedparodie „Carmen“ oder amüsanten Uptemponummern („Schlechtes Vorbild“) textsicher.

Trotz des wohlwollend aufgenommenen Antinostalgie-Programms fordern die Fans mit „Da da da daaa da“-Sprechchören aber immer wieder den obszönen „Arschf…song“ bis ausgerechnet Sido anfängt zu stöhnen: „Seid ihr vielleicht pervers!“ Nicht nur bei diesem Eingeständnis, sondern auch bei Sidos panischer Angst vor der „Schweinegrippe“ können sich seine hartgesottenen Aggro-Berlin Bühnencostars B-Tight, Alpa Gun und „Lieblingsrapper“ Harris ein Grinsen nicht verkneifen.

So richtig schräg wird der launige Abend aber erst, als Sido versucht zu singen - ein klägliches Unterfangen, dass er zu Gunsten seiner aggressiv herausgespuckten „Mein Block“-Wortkaskaden aber bald wieder aufgibt.

Florian Koch

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