Der Magier, ganz privat

Prachtvoller Bildband: „The Ingmar Bergman Archives“ birgt besondere Schätze
von  Abendzeitung

Prachtvoller Bildband: „The Ingmar Bergman Archives“ birgt besondere Schätze

Er war der große Kinomagier, schuf in einer fast 60 Jahre währenden Karriere an die 120 Theater- und Operninszenierungen (auch in München, Hamburg, Salzburg) und 50 Filme. Am 30. Juli 2007 ist der schwedische Meisterregisseur Ingmar Bergman mit 89 Jahren gestorben. „Friedlich in seinem Bett“, wie sein Schwiegersohn, der schwedische Krimiautor Henning Mankell, sagte. Eineinhalb Jahrzehnte lang hatte Bergman zurückgezogen in seinem Haus auf der kleinen Ostseeinsel Farö gelebt.

Seit dem Tod seiner sechsten Ehefrau Ingrid 1995, plagten ihn schwere Depressionen, mochte er nicht mehr öffentlich auftreten. Nicht einmal, als Kollegen wie Martin Scorsese oder Woody Allen ihn 1997 beim Festival von Cannes zum „größten Filmregisseur aller Zeiten“ wählten und ihm die „Palme der Palmen“ überreichen wollten, verließ Bergman Farö. Er schickte seine Ex-Geliebte und Schauspiel-Muse Liv Ullmann nach Cannes. Mit ihr hatte der auch als Frauenheld berühmte Bergman – oft liierte er sich mit seinen Protagonistinnen – eines von acht Kindern, die norwegische Schriftstellerin Linn Ullmann.

Kiloschwer

Ende der Woche erscheint im Taschen Verlag der ultimative Bildband für Bergman-Verehrer, „The Ingmar Bergman Archives“. Das großformatige, kiloschwere Prachtbuch – ebenso bibliophil gestaltet wie der Stanley-Kubrick-Band – enthält bisher unveröffentlichte Bilder, Briefe, Interviews, Skizzen und Dokumente aus dem privaten Archiv Bergmans und aus der Bergman Stiftung. Der Meister selbst hatte, so der Verlag, dieses Projekt unterstützt. Bengt Wanselius, 20 Jahre lang Bergmans persönlicher Fotograf, und Textredakteur Paul Duncan, bekamen für ihre Arbeit Hilfe von allen schwedischen Kulturinstitutionen und sogar vom Königshaus. Das Vorwort schrieb Erland Josephson, Bergmans Lieblingsschauspieler.

Jedes Buch enthält außerdem einen Original-Filmstreifen von „Fanny und Alexander“ (1982, vier Oscars) aus Bergmans Besitz und eine DVD mit Doku-Material von 110 Minuten Länge (unter anderem Bergmans private Super-8-Filme). So nahe hat der spröde, introvertierte Künstler seine Fans also nie an sich herangelassen. Zu seiner Kinoarbeit meinte Bergman einmal: „Ich weiß, dass wir mit Hilfe des Films in bisher nie gesehene Welten eindringen können.“ So schuf er Werke wie „Jungfrauenquelle“ (1959, Oscar), „Das Schweigen“ (Skandal 1962), „Schreie und Flüstern“.

Seine großen Themen waren Gott und Erlösung, Gewalt, Angst und Einsamkeit, das ganze Leben und immer wieder die Liebe. Auf Farö drehte er 2003, nach 20 Jahren Abstinenz, mit alten Weggefährten „Sarabande“, die Fortsetzung seines Publikumshits „Szenen einer Ehe“ (1974), wieder mit Ullmann und Josephson als liebend-gescheitertem Paar. „So wie er am letzten Drehtag war“, erinnert sich Liv Ullmann, „das war nicht nur ein Abschied von einer Arbeit.“

Angie Dullinger

„The Ingmar Bergman Archives“, Taschen Verlag, Hardcover und DVD, 150 Euro (mit deutschem Begleitband)

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