Der kleine Mozart auf Freuds Couch

David Böschs Inszenierung der Jugendoper „Mitridate” im Prinzregententheater
Christa Sigg |
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David Böschs Inszenierung der frühen Oper „Mitridate” im Prinzregententheater

Über manches darf man an diesem Abend staunen. Das beginnt schon mit dem frühreifen Wunderknaben, der mit gerade mal vierzehn das wahnwitzige Familiendrama des Königs von Pontus in Töne gesetzt hat. Für Regisseur David Bösch verarbeitet Mozart damit seinen Konflikt mit dem hyperdominanten Vater. Wobei das Problem damit noch lange nicht abgehakt ist und ein paar Jahre später im „Idomeneo” wieder fröhliche Urständ feiert.

Dieser postfreudianischen Glaubenssache muss man allerdings nicht folgen – die Inszenierung funktioniert auch so. Zumal die kindlichen Krakeleien und Bühnenentwürfe (Patrick Bannwart und Falko Herold) unabhängig davon einen sagenhaften Sog entwickeln und bei aller comic-haften Verspieltheit nichts von der Tragik der durchgeknallten Geschichte nehmen.

Man muss sich nach einem solchen Abend aber vor allem wundern, dass diese Produktion nur zur Festspielzeit ins Prinze kommt. „Mitridate, rè di Ponto” mag alles andere als galaauflauftaugliches Mainstream-Repertoire sein, doch die Produktion aus der historisch informierten Abteilung stünde der Staatsoper und ihrem glamourorientierten Intendanten auch das Jahr über gut zu Gesichte. Denn was sich auf der Bühne und im Graben tut, ist bei aller blutverschmierten Krudität höchst erquicklich. Angefangen bei der Minibesetzung des Staatsorchesters, das sich unter Mark Wigglesworth zwar eine Spur kantiger geben könnte, aber Drive, Farben und Spielwitz sind beträchtlich – da hat Ivor Bolton feine Vorarbeit geleistet –, und fast immer können sich die Sänger frei entfalten.

Counter Lawrence Zazzo, der als Fiesling Farnace eindrucksvoll durch die Szenen tobt, mag davon weniger profitieren, auch Barry Banks knallt seine königliche Wut mit Forcement in die Runde. Aber die arg kujonierten Damen haben Raum für ihren zuweilen leisen Gram. Neben rasanten Koloraturen zelebriert Anja-Nina Bahrmann als Aspasia innige Melancholie, Lisette Oropesa (Ismene) kann verhalten verzweifeln. Erst recht ist die hinreißende Anna Bonitatibus als Sifare in ihrer feinsinnig-differenzierten Seelenpein noch im Pianissimo präsent und ihr gefühlstiefes „Lungi da te” der Höhepunkt eines fabelhaften Abends.

Noch am 23., 25., 27. und 30.7.2012, 18.30 Uhr, im Prinzregententheater, Karten Tel.2185 1920

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