Der gute Klang kommt mit der Zeit

Immer öfter vertauscht er den Bogen mit dem Taktstock: Seit Herbst 2007 ist Leonidas Kavakos künstlerischer Leiter der Camerata Salzburg. Der Geiger über seine Brahms-Konzerte mit den Münchner Philharmonikern
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Immer öfter vertauscht er den Bogen mit dem Taktstock: Seit Herbst 2007 ist Leonidas Kavakos künstlerischer Leiter der Camerata Salzburg. Der Geiger über seine Brahms-Konzerte mit den Münchner Philharmonikern

In den nächsten Tagen spielt der griechische Geiger Leonidas Kavakos das Brahms-Konzert mit den Münchner Philharmonikern unter Christian Thielemann.

AZ: Mr. Kavakos, haben Sie dieses Konzert schon selbst dirigiert?

LEONIDAS KAVAKOS: Nein. Ich hoffe, Sie halten mich nicht für arrogant: Aber ich würde nur wenige Geiger begleiten wollen. Bisher habe ich nur einmal mit einem Solisten bei Schumanns Cellokonzert zusammengearbeitet. Aber das Dirigieren hat sowohl mein Repertoire wie mein psychologisches Gespür für das musikalische Reagieren erweitert.

Wie arbeitet Christian Thielemann mit einem Solisten?

Vor drei Jahren hat er mich für Beethovens Violinkonzert eingeladen. Vor der ersten Probe sagte er nur: „Ich bin Opernkapellmeister und folge Ihnen.“ Ich war davon überrascht, weil ich mich mit ihm über Details verständigen wollte. In der gemeinsamen Arbeit fanden wir eine goldene Mitte zwischen der klassischen und einer romantischen Deutung dieses Konzerts. Ich fand das Ergebnis so perfekt, dass ich das Stück danach überhaupt nicht mehr spielen wollte und bei der nächsten Aufführung so nervös war wie beim ersten Mal.

Warum galt das Brahms-Konzert früher als „Konzert gegen die Violine“?

Weil es sich gegen die Geige der Brahms-Zeit richtet. Wie im Beethoven-Konzert begleitet der Solist häufig Themen des Orchesters. Vor dem Hintergrund virtuoser Klavierkonzerte wie von Liszt oder Chopin war das Verhältnis von Solo und Orchester ungewöhnlich.

Stimmt es, dass Brahms für die Violine pianistisch schrieb?

Ein wenig schon. Die meisten Komponisten spielten Klavier und wussten zu wenig über die Violine. Ich habe eben das Dvorák-Konzert aufgeführt. Es ist sehr schöne Musik, aber der Solo-Part ist schrecklich.

Sie sind in Salzburg Nachfolger von Roger Norrington. Bedeutet das eine Rückkehr zur Romantik?

Ich mag den Begriffs „historische Aufführungspraxis“ nicht. Norrington hat die Camerata nach den langen Jahren unter Sandor Vegh weiterentwickelt. Das Orchester verfügt nun über eine große Vielfalt von Farben und Techniken. Mein Vorgänger, dessen Arbeit ich sehr schätze, versuchte einen halb-historischen Kompromiss: Das Orchester verzichtete auf Vibrato, spielte aber in der hohen Stimmung und mit moderner Bogentechnik. Mir ist es wichtig, Vibrato auch bei der Wiener Klassik als bewusstes Ausdrucksmittel einzusetzen, wie es die Sänger heute machen.

Sie spielen die Falmouth-Stradivari von 1692. Ist die Qualität dieser Instrumente mehr als ein Mythos?

Stradivari gab dem Korpus der Geige eine perfekte Form, an der sich die Instrumentenbauer bis heute orientieren. Als diese Instrumente entstanden, spielte man nur in sehr kleinen Räumen darauf. Trotzdem eignet sich ihr süßer, obertonreicher Klang für die viel größeren Konzertsäle und Orchester von heute. Im 19. Jahrhundert bevorzugten viele Geiger die Instrumente Amatis. Alte Violinen müssen gespielt werden, sonst verliert sich ihr Klang. Und er verändert sich mit der Zeit: Es ist durchaus möglich, dass Stradivaris heute ihre beste Zeit haben und die in der Gegenwart gebauten Violinen in 200 Jahren vielleicht viel höher geschätzt werden.

Robert Braunmüller

Philharmonie, Sa 19 Uhr, So 11 Uhr, Mo und Di 20 Uhr, Restkarten an der Abendkasse;

Aufnahme aller Mozart-Konzerte mit Kavakos bei SonyBMG

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