„Der Fels in der Brandung“
Der 1955 in Hannover geborene Matthias Jabs ist seit Ende der 70er Jahre festes Mitglied der Hardrockformation Scorpions. Der Gitarrist über 40 Jahre Hardrock und seine Vorbilder.
Hardrock wird dieses Jahr 40 Jahre alt, wenn man „Shades of Deep Purple“ aus dem Jahr 1968 als erste Keimzelle nimmt. Matthias Jabs, Lead-Gitarrist der erfolgreichsten deutschen Hardrock-Band, der Scorpions, hat sich per e-mail von der Russland-Tour dazu Gedanken gemacht. In München ist Jabs seit März Betreiber des Gitarrenladen „MJ Guitars“ in Haidhausen.
AZ: Herr Jabs, welche Platte oder Band hat Sie als Jugendlicher infiziert?
MATTHIAS JABS: Zunächst einmal möchte ich dem Hardrock zu seinem 40. Geburtstag gratulieren und bin auch der Meinung, dass Deep Purple zu den Gründern dieses Musikgenres gehören. Ich selbst bin durch Jimi Hendrix’ „All Along The Watchtower“ und „Whiteroom“ von Cream zum Gitarrespielen gekommen, beide Interpreten gehören für mich ebenso zu den Verursachern dieses Musikstils. Mit Led Zeppelins „Whole Lotta Love“, Black Sabbaths „Paranoid“ oder Deep Purples „Speedking“ – alles Favoriten aus der Anfangszeit – bin ich genau wie Millionen anderer Musikfans zum Hardrock-Liebhaber und kurze Zeit später mit den Scorpions zu einem „Macher“ dieser Musik geworden.
Die Londoner Tech Music School hat ihre Gitarrenschüler abstimmen lassen, was die 25 besten Riffs aller Zeiten sind. Platz eins: „Smoke On The Water“. Würden Sie zustimmen?
Das Riff von „Smoke On The Water“ ist sicher das bekannteste Gitarrenriff auf dieser Welt. Es ist prägnant und einfach nachvollziehbar, auch für Nichtmusiker, und das macht es so erfolgreich. Herzlichen Glückwunsch an Ritchie Blackmore.
Welchen Rockgitarristen beneiden oder verehren Sie für eine Riff-Idee oder für technische Fähigkeiten?
Meine „All time favourite“-Gitarristen sind Jimi Hendrix, Jeff Beck und Eric Clapton. Es hat seitdem nichts Vergleichbares mehr gegeben.
Die Scorpions haben am eigenen Leib erfahren, wie völkerverbindend Hardrock ist. Bedeutet die Musik heute den jungen Russen dasselbe, oder steckt noch eine Protesthaltung dahinter.
Mit Protest hat die Musik, die die Scorpions und andere Hardrock-Bands heute spielen, nichts mehr zu tun. Auch nicht für das Publikum auf der ganzen Welt. Zur Zeit sind wir auf Russland-Tournee, das heutige Konzert findet in Wladiwostok statt, also am anderen Ende der Erde. Das Publikum liebt unsere Musik. Die Leute indentifizieren sich mit den Songs und mit der Band. Wir haben Stücke von unserem neuesten Album „Humanity-Hour 1“ genauso im Programm wie Lieder der späten 70er Jahre. Das Publikum ist begeistert, alle Konzerte sind ausverkauft. Ich glaube, die Leute wollen einfach die Musik hören, die sie lieben – und dabei noch eine gute Show erleben.
Welche besonderen Erfahrungen machen Sie mit Ihrer Tour „Rock bis Wladiwostok“.
Es ist jetzt genau 20 Jahre her, dass wir zum ersten Mal in Russland gespielt haben. Wir waren Pioniere in der damaligen Sowjetunion. Die Menschen waren besonders hungrig nach Rockmusik. Mittlerweile hat sich Russland mit rasantem Tempo in vielen Bereichen unseren europäischen Standards angenähert, aber die besondere Beziehung, die das Publikum früh für die Scorpions und ihre Musik entwickelt hat, ist unverändert. Die russischen Fans haben uns einfach ins Herz geschlossen.
Rock hat Disco, Techno, Rave und viele andere Trends überlebt. Was macht ihn so unverwüstlich?
Rockmusik ist der Fels in der Brandung. Unbeweglich, aber dauerhaft. Die Rockmusk hat beste Anlagen, zur „klassischen Musik“ zu werden, ähnlich wie der Blues und der Jazz, die auch eine allzeitige Daseinsberechtigung erreicht haben.
Erwarten Sie, eines Tages in der Heimat die Anerkennung zu bekommen, die Sie seit Jahrzehnten im Ausland haben? Hierzulande werden die Scorpions von manchen Musikjournalisten ja belächelt.
Die Anerkennung, die wir, die Scorpions, im Ausland und auf allen Kontinenten dieser Welt haben, ist schon außergewöhnlich hoch. Ich wünschte mir, dass wir auch in unserer Heimat eines Tages diese Art von Begeisterung erleben, die wir uns auch von unserem deutschen Publikum wünschen.
Volker Isfort