Der ewige Klangtüftler

Organist Jon Lord führt in München sein legendäres „Concerto for Group and Orchestra“ auf und ist zuvor so nervös wie in seinen Anfangsjahren bei Deep Purple
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Organist Jon Lord führt in München sein legendäres „Concerto for Group and Orchestra“ auf und ist zuvor so nervös wie in seinen Anfangsjahren bei Deep Purple

Mit fünf Jahren begann Jon Lord Klavier zu spielen, war von 1968 bis 2002 Keyboarder bei Deep Purple, zwischenzeitlich auch bei Whitesnake. Er gilt als einer der besten Rock-Keyboarder überhaupt und als Wegbereiter der Fusion von Rock und Klassik.

AZ:Guten Tag, Mr. Lord! Sie spielen am 21. November in München – nur zwei Tage nach dem Konzert ihrer alten Band Deep Purple.

JON LORD: Wirklich? Nein, das wusste ich gar nicht. Ist aber irgendwie auch schön: So können sich die Münchner beide Seiten meiner musikalischen Seele ansehen.

Treffen Sie die Jungs eigentlich noch?

Aber ja! Ian Paice, der Schlagzeuger, wohnt hier in England nur ein paar Kilometer weit weg, der Bassist Roger Glover ist nach wie vor ein guter Freund. Und mit Sänger Ian Gillan habe ich gerade einen Song aufgenommen. Es wäre ja auch seltsam, wenn man mit Menschen, mit denen man Jahrzehnte lang zusammen Musik gemacht hat, nichts mehr zu tun hätte, oder?

Was werden wir denn in München zu hören bekommen?

Das Concerto for Group and Orchestra, ein paar neuere Solo-Stücke von mir - und natürlich ein paar Deep-Purple-Songs. Es ist eine Reise durch mein musikalisches Leben mit dem Filmorchester Babelsberg und Demon’s Eye, einer deutschen Deep-Purple-Tribute-Band – insgesamt 75 sehr unterschiedliche Musiker.

Haben Sie eine bestimmte Idee, wie das „Concerto" in Perfektion zu klingen hat? Oder mögen Sie es, wenn Musiker das Konzert unterschiedlich interpretieren?

Es ist aufregend zu hören, wie unterschiedlich das Stück klingen kann. Ich habe das Stück seit 1999 ungefähr 60 Mal aufgeführt - und es war jedes Mal anders. Und manchmal werde ich wundervoll überrascht. Es ist ein schwieriges Stück, nicht unmöglich zu spielen - aber es gibt dem Orchester die Möglichkeit, zu zeigen, was es kann. Und der Band auch.

1969 hatten Orchestermusiker noch ein erhebliches Problem damit, sich von einem langhaarigen, 28-jährigen Rockmusiker erklären zu lassen, wie sie zu spielen hatten.

In der Tat. Aber die Orchestermusiker sind jünger geworden. Und weiblicher. Und sie haben auch einen anderen musikalischen Hintergrund. Sie sind nicht mehr ausschließlich auf Klassik fixiert. Und sie haben gelernt, auch mal über ihren musikalischen Schatten zu springen. Und dich Technik ist besser. Damals konnte ein einziges Gitarrenriff oder ein einziger Schlagzeugwirbel das Orchester von der Bühne blasen. Heute können wir das Orchester ganz sanft elektrisch verstärken. Was das Zusammenspiel erheblich leichter macht.

Bei Ihrem letzten Auftritt in München war zu sehen, dass Sie immens nervös waren. Tausende von Auftritten, und Sie haben immer noch Lampenfieber?

Nervosität ist eine Waffe von mir. In der letzten halben Stunde vor einem Auftritt ziehe ich mich hinter der Bühne in einen Raum zurück, rede mit niemandem mehr. Das hilft mir.

Mit 69 immer noch Adrenalin-Junkie?

Könnte man so sagen, ja. Außerdem ist München eine Stadt, die ich gut kenne und die ich immer sehr gemocht habe. Deshalb ist es auch wichtig für mich, dort gut zu sein.

Ist es für Sie eigentlich auch eine Belastung, für einen solchen Abend mit einem großen Orchester quasi allein verantwortlich zu sein?

Manchmal vermisse ich die geteilte Verantwortung in einer Band. Auf der anderen Seite bin ich aber auch wahnsinnig stolz, wenn meine Musik auf der Bühne funktioniert.

Nächstes Jahr werden Sie 70. Sie komponieren viel, veröffentlichen viel, haben Erfolge in den Klassik-Charts, touren viel. Und eigentlich hatten wir gedacht, Sie würden nach dem Ausstieg bei Deep Purple ein bisschen kürzer treten.

Über meinen Ausstieg bei Deep Purple ist viel Unsinn geschrieben worden. Ich habe die Band nicht deshalb verlassen, weil ich keinen Spaß mehr daran hatte, sondern weil ich mehr komponieren wollte. Ok, ich wollte nicht mehr jeden Abend in einer anderen Stadt auf der Bühne stehen. Aber in gewisser Weise arbeite ich jetzt mehr als in den Jahren, als ich noch in der Band war. Und wie lange das noch gut geht? So lange, wie ich das Gefühl habe, dass ich es noch gut kann. 15 Jahre vielleicht. Aber das ist in der Hand der Götter.

Gerrit Faust

Jon Lord mit dem Deutschen Filmochester Babelsberg und Demon's Eye in der Philharmonie am Gasteig, 21.11., 19.30 Uhr. Karten ab 46,90 Euro

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