Der doppelte Atem

Stefan Konarske spielt die Titelrolle in Nora Schlockers Inszenierung von Friedrich Hebbels „Gyges und sein Ring” am Residenztheater
Michael Stadler |
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Eine Voyeurs-Fantasie: Durch einen magischen Ring kann Gyges sich unsichtbar machen und beobachtet heimlich die zukünftige Frau des Königs (siehe Kasten). regisseurin Nora Schlocker inszeniert Friedrich Hebbels Drama „Gyges und sein Ring” jetzt am Residenztheater, Stefan Konarske spielt den neugierigen Gyges.


AZ: Herr Konarske, glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?
STEFAN KONARSKE: Ja.

Hat das allein mit äußerlichen Reizen zu tun?
Ich habe das Gefühl, dass das eher mit Energie zu tun hat. Es steht eine Frau vor einem, sie hat eine bestimmte Ausstrahlung, und peng, ist es da.

Wie ist das bei Gyges, der sich auf einen Blick in des Königs Braut Rhodope verliebt?
Bei Gyges ist es so, dass er das Weibliche nicht kennt. Ich will nicht sagen, dass er noch nie Kontakt mit einer Frau gehabt hat, das ist zu banal, aber er hat sich bislang für anderes interessiert. Er war Söldner, landet dann an einem Königshof, wo der König sagt, der ist ja klasse, der Typ, der bleibt mal ein bisschen hier. Und plötzlich steht Gyges vor dieser Frau, es geschieht etwas in ihm, und er weiß nicht mehr, wie er weitermachen soll.

Bei uns kann man heute fast alles ungestraft betrachten. Wie zeitgemäß ist das Stück?
Das Stück dreht sich um die Verwicklung des Menschen in sein Schicksal. Gyges verliebt sich in diese Frau, dann möchte er sich aber nicht in die Beziehung des Königs einmischen. Dann gibt es den Konflikt mit den alten Bräuchen, weil Rhodope den Glauben vertritt, dass niemand sie sehen darf, außer der Mann, mit dem sie vermählt wird. Wenn man das auf andere Kulturkreise bezieht, funktioniert das auch heute sehr gut.

Was fällt Ihnen leichter zu spielen: Hebbel oder einen zeitgenössischer Text?
Ich liebe es, mit klassischen Texten zu arbeiten, mich in diese Sprache zu begeben. Bei Hebbel gibt es zum Beispiel einen doppelten Gedankenstrich. Das ist jedes Mal eine Freude, das zu spielen.

Wie spielt man einen doppelten Gedankenstrich?
An der Schauspielschule hätte ich so eine Stelle mit einer längeren Pause gespielt. Heute denke ich aber, minus und minus ist plus. Also muss man das Gegenteil machen und den doppelten Gedankenstrich mit einem schnellen Doppelatmer spielen.

Das klingt nach wahnsinnigem Perfektionismus.
Ich bin sehr perfektionistisch. Wobei ich mich früher viel mehr ausgepowert habe. Heute merke ich immer mehr, dass man mit weniger Energie noch weiter kommen kann, weil man dem Zuschauer nicht alles so geballt hinpackt, sondern ruhig sagt: Hier ist es.

Sie sind nun als Ensemblemitglied eingespannt im Theaterbetrieb. Wie gehen Sie dabei mit Ihren Energien um?
Ich habe ja mein erstes Engagement am Deutschen Theater in Berlin nach vier Monaten gekündigt, weil ich einfach gemerkt habe, dass ich mit der „Kunst im Akkord”-Produktion nicht zurecht komme. Ich gebe immer 150 Prozent und kann diese Art von Theater einfach nicht produzieren: Premiere, Probe, Premiere... Außerdem möchte ich auch Film und Hörspiel machen. Martin Kušej sah mich vor eineinhalb Jahren in Paris in Michael Thalheimers Inszenierung von „Der Kampf des Negers und der Hunde”. Ich meinte damals zu ihm, wenn meine Arbeitsweise für dich in Ordnung ist, komme ich gerne nach München.

Wenn Sie so einen Ring wie Gyges hätten – was würden Sie damit anstellen?
Ich bin ja jemand, der sich gerne mal zurückzieht, der auch mal ein ganzes Wochenende allein zu Hause ist. Ich kann mir vorstellen, den Ring mitten in einem Gespräch einzusetzen, wenn ich keine Lust mehr auf meinen Gesprächspartner habe. Das ergäbe auch eine ganz schöne Irritation.

Wenn Sie also keine Lust mehr auf dieses Interview hätten…
Dann würde ich den Ring benutzen und wäre einfach weg.

Premiere heute, 19.30 Uhr, Karten Tel. 2185 1940

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