Der Brandner Kaspar ist zurück
So krachert volkstümlich kommt die Komödie im Bayerischen Hof selten daher. Noch seltener war ein Saisonauftakt am Promenadeplatz so wiesnkompatibel wie heuer. Bis Mitte Oktober ist dort einer der ganz großen und unverwüstlichen Klassiker bayerischer Folklore und Trinkkultur zu sehen: der gleichfalls unsterbliche Brandner Kaspar.
Allerdings ist es nicht die alte "Gschicht vom Brandner Kaspar", die Franz von Kobell 1871 erzählte und auch nicht die Bühnenadaption von Kurt Wilhelm, die bis 2015 genau 40 Jahre lang auf dem Spielplan des Residenztheaters stand.
Wolfgang Maria Bauer war mutig genug, um eine Fortsetzung zu schreiben. Seine frühe Karriere in der Rolle des Münchner Kriminalkommissars Siska inspirierte ihn möglicherweise dazu, dass es in "Der Brandner Kaspar 2 - Er kehrt zurück" darum geht, einen Mord zu verhindern.
Nach sieben Jahren im Paradies erfährt der Brandner, dass Flori (Julian Niedermeier), der Vater seiner Enkel, die Bürgermeisters-Witwe Senftl (Nikola Norgauer) erschlagen wird, weil sie ihn beim Stehlen ihres vergrabenen Geldschatzes ertappt. Doch seit der Büchsenmacher und Schlossermeister dem Gevatter Tod, dem Boandlkramer, einst mit Kirschgeist so benebelte, dass er ihm beim Kartenspielen 18 Jahre mehr Lebenszeit abschummeln konnte, hat er zum postmortalen Transportunternehmer ein geradezu freundschaftliches Verhältnis.
Mit dem Versprechen auf zehn ungeöffnete Flaschen "Kerschgeist", die noch in seiner Hütte lagern, kann er wieder zurück an den Tegernsee, um die schlimme Tat zu verhindern.
Uraufgeführt wurde die Rückkehr des Brandner-Kaspars vor drei Jahren in Wunsiedel in der Inszenierung des Autors und sorgte zuverlässig für ausverkaufte Vorstellungen im spektakulären Naturtheater. Das ist nun auch für den Bayerischen Hof zu erwarten, denn die Stimmung zur Münchner Premiere war ausgelassen. Das hat vor allem mit dem Zusammenspiel von Wolfgang Maria Bauer, der schon 2022 die Titelrolle übernommen hatte, und Eisi Gulp als Boandlkramer zu tun. Da haben sich zwei ausgebuffte Komödianten gefunden, die den Spaß, den sie bei der Arbeit haben, locker in den Zuschauerraum weiterdribbeln.
Bauer ist ein Mannsbild, bei dem kein Zweifel aufkommt, dass er es mit dem Tod aufnimmt und auch dem dreifaltigen Leitungspersonal im Himmel das ewige Leben nicht leicht macht. Eisi Gulp, gerade auch als kiffender Altbauer und Polizistenpapa der Eberhofer-Krimis in den Kinos, ist mit seiner ebenso schmalen wie geschmeidigen Körperlichkeit eine Traumbesetzung. Bauer wünschte sich einen Boandlkramer von diverser Geschlechtlichkeit, und Gulp liefert sie.
Kraftvoll männlich besäuft er sich mit Brandners Schnaps, kann aber auch, ohne peinlich zu sein, herumtunteln oder sich von einer nicht nur zauberhaften, sondern auch zickiger weiblichen Seite zu zeigen. Der Tod unterscheidet nicht.
Andere Aktualisierungen wie über den "Aiwanger Hubsi" oder die rund 20 Prozent antidemokratisch wählenden Bayern bleiben folgenlose Gelegenheitssatire. Dafür erweisen sich auch die vielen anderen Mitspielenden als ein Ensemble der Meisterinnen und Meister der Klamotte, die auf der vom unerwähnt bleibenden Thomas Pekny entworfenen Bühne mitreißende Komik verbreiten.
Natürlich geht es da etwas eng zu, denn auf der auch nicht gerade kleine Bühne im Bayerischen Hof drängeln sich Unendlichkeit und Oberbayern, die sich auf der Luisenburg in einer Landschaft aus romantischem Wald und dramatischen Felsen verteilen können, sehr auf engem Raum, und die Himmelfahrten durchs Universum verlangen vom Kutscher alles Können ab. Aber er kommt mit seinem Sarg ebenso an wie dieser ganze entschlossen übermütige Jux über das Leben und danach.
Komödie im Bayerischen Hof, bis 15. Oktober, 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr, Telefon 29 16 16 33
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