Der Boss und seine Münchner „Tramps“

Die Hardcore-Fans von Bruce Springsteen glühen im „Stadion an der Schleißheimer Straße“ vor und erzählen aus ihrem Leben auf Tour
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Die Hardcore-Fans von Bruce Springsteen glühen im „Stadion an der Schleißheimer Straße“ vor und erzählen aus ihrem Leben auf Tour

Der Holle ist da, der Olli aus Florenz sowieso, und die „Jersey Lady“ aus Innsbruck wird auch noch erwartet. „Die kommt ganz sicher“, sagt Reinhard Haiduk, der Wirt. Man kennt sich, das „Stadion an der Schleißheimer Straße“ ist gut gefüllt um acht. Die absoluten Fans, die Hardcore-Jungs und -Mädels haben sich hier verabredet. Vorglühen ist angesagt, diesmal nicht für ein Fußballspiel in der Fußball-Kneipe, sondern Warmlaufen und Warmtrinken für das Konzert vom „Boss“. In 24 Stunden spielt Bruce Springsteen leibhaftig, ein paar hundert Meter weiter im Olympiastadion. Doch der Bibliothekar aus München und das Angestellten-Paar aus Osnabrück, der „Kicker“-Redakteur aus Italien und der Fanclub aus Mainz wollen nicht so lange warten.

Hinten an der Wand läuft irgend ein Bootleg-Video-Mitschnitt von der Handy-Kamera, natürlich Bruce in Action. Davor auf der Bühne spielt ein gewisser „Miami Steve“: „No Surrender“. Dass Springsteens Hymne deutlich anders klingt als das Original, die Gemeinde verzeiht’s.

„Der Steve war auch mit in Stockholm“, sagt Holger Britzius. Er selbst hat „gar nicht so viele Konzerte“ von Springsteen gesehen bisher. „19 waren’s“, erzählt der junge Gastronom, davon vier in den letzten Tagen. „Ich war in Bern, im Hyde Park in London, dann der Hattrick in Stockholm. Tja, und morgen das Heimspiel.“

Einer sah 90 Konzerte in aller Welt

Oliver Birkner spielt da schon in einer anderen Liga. Aus der Toskana ist der 39-Jährige nach München angereist, er lässt sich sein Bier schmecken in den Rauchschwaden unter den Fußball-Wimpeln: „Morgen, das müsste mein 90. Konzert sein.“ Ist das denn nie langweilig, nicht immer dasselbe? „Nie“, sagt Oliver, „Bruce Springsteen spielt sich bei jedem Konzert die Seele aus dem Leib, das macht ihm Spaß, und das merkt man.“ Ja, sogar die Schweizer habe er aus der Bestuhlung gekriegt, und das sei eine echte Leistung: „Am Schluss saß keiner mehr in Bern.“ Da war Oliver natürlich auch.

Man nennt sich „Tramps“ in der Szene. „Ein harter Kern von 1000 Leuten sind das“ schätzt Reinhard Haiduk. „Wir treffen uns immer wieder.“ Mailand San Siro, Stockholm, Giants Stadium New York, New Jersey, alles schon gesehen, alles schon gebucht.

"Er erzählt mein Leben in einem Lied"

Was macht die Faszination aus, Leute? „Bruce gibt immer alles“, sagt der eine: „Bei mir sind es die Texte“, sagt ein anderer. „Er erzählt mein Leben in einem Lied.“ Pathos ist weder dem Boss noch seinen Fans fremd.

Klaus Wölker und seine Rosemarie sind da etwas bodenständiger: „Wir freuen uns auf morgen, und dann auf Frankfurt“ sagt er. Aus Osnabrück sind sie hergefahren. Irgendwann 1988 haben sie „Born in the U.S.A.“ im Radio gehört: „Seitdem“, sagt die 55-Jährige gehen wir auf drei Konzerte im Jahr. Was das kostet?. „Andere machen davon ihren Jahresurlaub“ sagt er, „wir fahren zu Bruce.“

Matthias Maus

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