Der Bauchtanz des Eunuchen

Die Tanzmusik der 40er Jahre ist die Leidenschaft des Schauspiel-Stars: Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys spielten im Herkulessaal.
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Die Tanzmusik der 40er Jahre ist die Leidenschaft des Schauspiel-Stars: Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys spielten im Herkulessaal.

Sie nennen sich die älteste Boygroup der Welt und behaupten: „Wir sehen erheblich besser aus, als wir spielen.“ Man sollte ihnen nicht glauben – auch wenn Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys ein köstlich anzusehendes Orgelpfeifen-Quartett sind, das mit seinen Körpergrößen zwischen 1,59 und 2,06 Meter komödiantisch spielt. Charakterkopf Ulrich Tukur schwimmt zur Zeit mit den Filmen „John Rabe“, „Das weiße Band“ und „Séraphine“ auf einer Erfolgswelle ohnegleichen, doch daneben frönt er seiner nostalgischen Leidenschaft für die swingende Tanzmusik der 40er Jahre.

Wie eine Straßenband zieht die Combo mit Faschingshütchen, Luftschlangen und Konfetti durchs Parkett ein, trommelt und trötet „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ und hat damit das Publikum im ausverkauften Herkulessaal in der Tasche. Tukur ist ein mitreißender Entertainer, brilliert am Steinway-Flügel und am weißen Borsini-Akkordeon. Er beschwört mit Hazy Osterwalds „Kriminaltango“ das Rotlicht-Milieu, besingt mit Rudi Schuricke die Großstadt, mit Domenico Modugnos „Meraviglioso“ das Leben und mit eigenen Songs die „Schlusslicht-Lilly“ als Königin der Nacht in St. Pauli sowie das Steinhuder Meer.

Moderierend streut er boshafte Spitzen gegen seine Rhythmus Boys, die das stoisch ertragen. Ulrich Mayer weist auf seine Gitarrensoli vorher hin und stellt sie entsprechend aus, Schlagzeuger Kalle Mews (1,59 Meter) erfüllt den Kongo mit Tierlauten und kräht fröhlich als Kakadu-Puppe auf dem Schoß des Kontrabassisten Günter Märtens (2,06 Meter). Der lässt beim „Skandal im Harem“ zum Jubel des Publikums als Bauchtanz-Eunuch den blanken Nabel kreisen. Zu dritt spielen sie pantomimisch eine Puppenhochzeit zur Geisterstunde und posen in Trainingsshorts als komische Kraftkerle. Selbstironischer Nonsens und skurriler Aberwitz machen manch ranziges Schmalz der Ohrwürmer genießbar. Und das fast zu Tode gespielte „La Paloma“ klingt instrumental mit Nebelhörnern und Möwenschreien so wunderbar unheimlich wie noch nie.

Gabriella Lorenz

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