Den richtigen Kniff für jeden Skandal: Hans Well & Wellbappn im Deutschen Theater
Die Fastenzeit beginnt im Deutschen Theater mit einem politischen Bußabend satirischer Art: Hans Well & Wellbappn streuen Asche auf die Häupter der Großkopferten.
AZ: Herr Well, Sie haben Ihr Programm als "eine Art vorgezogener Starkbieranstich ohne Textabnahme durch Brauereien oder Fernsehredakteure" angekündigt. Was erwartet uns?
HANS WELL: Unser Auftritt ist in beiderseitigem Einvernehmen weder vom BR noch Paulaner abgenommen worden, also unplugged. Wir beschreiben mit Wort, Lied und Musik absurde Realitäten und machen, was am Aschermittwoch Politiker vergessen: Wir streuen Asche aufs Haupt! Da hat die S-Bahn-Stammstrecke ebenso Platz wie diverse Södereien. Wir lesen quasi die Gegen-Automesse zum Aschermittwoch in Passau. Ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit der nötigen Schärfe und Witz.
Hören Hans Well & Wellbappn auf?
Es ist angeblich ein Abschiedsprogramm von den Wellbappn.
Ja, wir werden ab Sommer zumindest temporär aufhören müssen, weil zwei meiner Kinder das beruflich einfach nicht mehr stemmen können. Jonas arbeitet inzwischen in Berlin und meine Tochter Tabea geht vermutlich für ein Jahr ins Ausland. Aber die Sarah will unbedingt weiter machen!
Sie werden aber auch aktiv bleiben?
Ich bin zwar kein Bühnenjunkie, aber...! Als sich die Biermösl Blosn vor elf Jahren getrennt hat, bestürmte mich der Dieter Hildebrandt, weiterzumachen. Er hat mich und die Wellbappn dann bei den ersten Veranstaltungen unterstützt, bat seinen Tourmanager, pro Jahr bis zu zehn Termine für Auftritt mit uns freizuhalten, wie der mir bei der Beerdigung sagte. Wunderbar auch für meine Kinder, den Dieter gemeinsam auf der Bühne erleben zu dürfen.
Hans Well: "Politisches Kabarett ist mitnichten tot"
Was sagen Sie zum Schicksal der Lach und Schieß?
Traurig, weil sie dem Dieter sehr am Herzen lag. Er war froh darüber, dass Till Hofmann den Laden übernommen und in die Spur gebracht hatte. Ohne den ging´s rapide bergab. Aus der Ferne betrachtet auch aus Gründen, die man eigentlich nicht im Zusammenhang mit Dieter Hildebrandt hören möchte...
Hat sich das politische Kabarett vielleicht überlebt?
Diese Debatte wabert seit Jahrzehnten. Auch dem Dieter war schon wichtig, dass politisches Kabarett nicht bierernst rüberkommt, es ging ihm immer auch um den Unterhaltungswert. Er hat zum Beispiel auch die "heute show" gut gefunden. Mir gefällt Böhmermann inzwischen besser. Frisch, frech und scharf! Politisches Kabarett ist mitnichten tot, allerdings fehlt mir bei den meisten Fernsehkasperln die Qualität. Es gibt leider eine riesige Differenz zwischen Kabarett im Fernsehen und auf der Bühne. Ein starkes Argument für den Weiterbetrieb der Lach und Schieß!
Sie stehen eher nicht für tagesaktuelles Kabarett.
Akute Zustände zu beschreiben, war mir immer wichtiger als tagespolitisch Aktuelles. Man muss nicht jeder Sau, die durchs Dorf getrieben wird, hinterher hecheln. Ich habe ja alle Texte der Biermösl Blosn geschrieben, darunter auch welche, die Monate später passé waren. Im besten Fall gelang es mir, Symptome zu treffen. Manche Texte passen heute noch gut in die Zeit.
"Die CSU ist ja kein Knabenchor, den die Maskendeals überraschten"
Ich nehme an, Frau Tandler bleibt bei Ihnen am Aschermittwoch nicht unbesungen?
Die Ehre hat sie sich verdient! Sie oder Sauter und Nüsslein stehen beispielhaft für ihre Partei. Die CSU ist ja kein Knabenchor, den die Maskendeals überraschten, auch wenn Herr Söder das gern so darstellt. Diese Maskenverbrechen entspringen einer langjährigen Tradition der "Familie".
Tandlers Dreistigkeit macht einen eigentlich wütend, wie münzen Sie das um in Humor?
In dem Fall gelang es uns recht gut, den richtigen Kniff für diesen Skandal zu finden. Wer sich bloß drüber entrüstet, wäre in jeder Zeitung oder der Politik besser aufgehoben als auf der Bühne. Wer neugierig ist, wie wir das umsetzen, kann das am Mittwoch Abend sehen und hören.
Überrascht Sie eigentlich bei der Zeitungslektüre noch etwas, vielleicht die Meldung, dass Herr Gauweiler nun für den Oligarchen vom Tegernsee kämpft?
Ehrlich gesagt, beim Gauweiler überrascht mich gar nix mehr, der Mann ist jederzeit käuflich. Und wenn man zurückverfolgt, vor welche Karren er und Sauter sich haben spannen lassen, dann fällt das unter keinen Moralbegriff. Die sind ja auch mitverantwortlich dafür, dass der Benko die Münchner Innenstadt so okkupieren konnte. Übel, wie sich Geschäftekungelei sogar auf's Münchner Stadtbild auswirkt. Mit einem früheren Polt und einem noch lebenden Dieter Hildebrandt wäre das ein gefundenes Fressen für eine gemeinsame Revue in den Kammerspielen.
Hans Well & Wellbappn spielen am 22. Februar um 20 Uhr im Silbersaal des Deutschen Theaters
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