Den Liebesfrust hineingefressen

Opernfestspiele: Jonas Kaufmann mit Franz Schuberts „Winterreise” im Nationaltheater
Robert Braunmüller |
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Der Sänger und das Publikum schenkten sich nichts. Sommer-Erkältungen sorgten für ein unruhiges Grundrauschen im Nationaltheater, als sei eben die Wiesnzeit vorüber. Jonas Kaufmann verweigerte den tenoralen Strahlemann. Er nahm seine Stimme schon bei den vier Strophen des ersten Liedes immer weiter zurück.

Der Held von Kaufmanns „Winterreise” ist introvertiert. Er frisst seinen Frust hinein und leidet mit unterdrückter Wut. Das kommt dem tragenden Piano und der baritonalen Mittellage dieses Sängers entgegen. Es passte auch, dass seine Höhen schnitten wie ein Messer. Die schmerzgetränkte Trauer dieser Schubert-Deutung kannte keine „schönen Stellen”, sie mied jede gefühlige Gemütlichkeit und ordnete alles einer winterlichen Fahlheit unter.

Diese Zurücknahme und der Verzicht auf jede opernhafte Pose ist mutig, zumal im großen Raum des Nationaltheaters. Die Konsequenz des 43-jährigen Münchners stieß allerdings an gewisse Grenzen: Lieder, die wie der „Lindenbaum” auch schärfere Kontraste und heftige Gesten fordern, gelangen weniger, weil Kaufmann Gegensätze scheute. Dass der Publikumsliebling einige Töne eher brüchig ansteuerte, störte bei dieser ungemein ernsthaft-expressiven, vom Hörer letzte Konzentration abfordernden Deutung nicht.

Helmut Deutsch sekundierte am Klavier kongenial ohne Romantizismen eher ruppig als Vertreter der deutschen Schule. Die Anwesenden – darunter Kaufmanns häufige Bühnenpartnerin Angela Gheorghiu an Nikolaus Bachlers Seite in der Intendantenloge – ließen die beiden lange nicht ziehen. Kaufmanns erster Auftritt nach einem hartnäckigen Infekt wurde bejubelt wie selten ein Liederabend in letzter Zeit.

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