David Garrett: Aber bitte mit Sahne!

Fluch und Segen des Crossover: David Garrett geigte Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert nebst Schmonzetten in der Philharmonie
von  Abendzeitung

Fluch und Segen des Crossover: David Garrett geigte Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert nebst Schmonzetten in der Philharmonie

Ein Candle-Light-Dinner mit David Garrett? Da sagt man nicht nein! Der Geiger traf sich auf ein Stelldichein mit mehr als 2000 Münchnern und spielte ihnen bei Kerzenschein ein Ständchen von Schubert aus seinem Album „Classic Romance“ im Gasteig. Damit lieferte er, was er am besten kann: locker flockiges Entertainment. Das Publikum ist erleichtert über den Wiedererkennungswert der Musik und schmunzelt über Garretts Anekdoten.

Alles ist schön und gut. Geigerisch lässt sich kaum etwas aussetzen. Mit unzähligen Glissandi und kleinstmöglichen Melodiebögen produziert er einen süßlichen Ton, der wunderbar auf die Schmonzetten passt. Wie man sich aber an Sahnekuchen überessen kann, so hat man auch diese Klangfarbe irgendwann satt. Vor allem wenn es um Stücke wie Rachmaninows „Vocalise“ geht, die Prägnanz und Innigkeit fordert. Garretts zierlicher Geigenton braucht dann doch den Verstärker, den er aus den großen Hallen gewöhnt ist.

Mit der Moderation droht die Dramaturgie des Abends zu zerbrechen. Garretts Erlebnisse mögen zu Filmmusik aus „Fluch der Karibik“ passen. Bei Mendelssohns Violinkonzert wünscht man sich etws mehr Tiefgang. Garrett rühmt sich, ein der Klassik fernes Publikum zu locken. Warum nicht die Gelegenheit nutzen, den Neulingen einen Einblick in die Werke zu geben? Als Geschichtenerzähler läuft er Gefahr, die Linie zwischen berechtigter Unterhaltungsmusik und Klassik im engeren Sinn zu verwischen. Wenn die neu arrangierte Streicherbegleitung für Dvoráks „Humoresque" verdächtig an Coldplays „Viva la vida“ erinnert, bekommt das Publikum kaum ein Bild von klassischer Musik.

Sarah Hilgendorff

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