David Fray: Auf den Schwiegervater hören
David Fray spielte Klaviermusik von Schubert und Bach im Prinzregententheater
Aus seinen Abneigungen macht er kein Hehl. Debussy und Chopin möchte er so wenig spielen wie nur möglich. Mit Tschaikowsky und Rachmaninoff hat er nichts am Hut. Statt dessen Bach, den er vor ein paar Jahren für sich und willige CD-Konsumenten erobert hat. Und weil Wilhelm Kempff sein Vorbild ist, fängt der 28-jährige Franzose David Fray derzeit an, sich für Schubert zu interessieren. Im ausverkauften Prinzregententheater spielte er dessen Allegretto D 915, das zweite aus den Klavierstücken D 946 und die Moments Musicaux. An Brendels Natürlichkeit durfte man nicht denken.
Fray ist ein zart besaiteter Eigenbrötler, der Langsamkeit liebt wie einst Celibidache. Vorsichtig, böse formuliert: reichlich selbstverliebt, setzt er Ton an Ton, präsentiert Miniaturen, anstatt Zusammenhänge zu suchen. Da ein Seufzer, dort ein grimmiger Akkord, Ausrufezeichen auch dann, wenn die Noten eigentlich alles sagen – man kann das mögen, muss es aber nicht. Obwohl er in Interviews versichert, dass ihn Glenn Gould nicht interessiere, wird er mit ihm verglichen. Wohl auch deshalb, weil er gelegentlich mitsingt und einen Lehnstuhl als Sitzgelegenheit bevorzugt. Mit dem kanadischen Pianisten hat er sonst nichts gemeinsam: auch bei Bachs Partita Nr. 6 dominierten überdeutlich formulierte Einzelmomente. Schwiegerpapa Riccardo Muti hätte sicher noch Tipps parat.
Volker Boser