Das Ungeschriebene lesen
Der slowakische Dirigent Juraj Valcuha über seine Anfänge mit dem Cymbalon, das Komponieren und Gaetano Donizettis „L’elisir d’amore“, die er am Dienstagabend im Nationaltheater leitet
Drei Tage nach der mäßig lustigen Premiere von Donizettis „Viva la Mamma!“ am Gärtnerplatz versucht sich die Staatsoper an „L’elisir d’amore“. Der kleine Bruder hat die Oper als „Der Liebestrank“ bereits im Spielplan. Dirigiert wird die Doublette von einem jungen Slowaken, der im Herbst mit Rachmaninow und Tschaikowsky die Saison der Münchner Philharmoniker eröffnete. Korrekt ausgesprochen wird sein Name übrigens „Waltschua“.
AZ: Herr Valcuha, wie kommt es, dass Sie nach den spätromantischen Schwergewichten nun eine komische italienische Oper dirigieren?
JURAJ VALCUHA: Es ist mein erster Donizetti. Nikolaus Bachler wollte zu der jungen Besetzung und dem jungen Regisseur einen jungen Dirigenten. Aber man sollte nicht glauben, dass diese Musik so einfach wäre.
Worauf kommt es bei Donizetti an?
Bei spätromantischer Musik sind alle Nuancen, Akzente und Details der Artikulation in der Partitur notiert. Donizetti hat vieles nicht in die Noten geschrieben. Dafür muss ein Dirigent kreative Lösungen finden.
Ein Beispiel?
Es gibt immer wieder Stellen, in denen das Orchester über viele Takte den Sänger leise mit Hm-tata untermalt. Ich muss darauf achten, diese Begleitung durch eine abgestufte Dynamik lebendig zu gestalten. Dies muss zum Text und der Harmonik passen. Man muss sich auch mit der Tradition der Kürzungen beschäftigen.
Warum haben Sie außer Dirigieren und Komposition auch Cymbalon studiert? Was ist das eigentlich?
Eine Form des Hackbretts. Mein Großvater hat dieses Folklore-Instrument im Norden der Slowakei in Dörfern neben Geige und Kontrabass gespielt. Wir hatten deshalb ein Cymbalon zu Hause. Ich fing in meiner Schulzeit damit an. Später, an der Hochschule in Bratislawa, rückte es in den Hintergrund.
Wie wurden Sie Dirigent?
Über das Komponieren. Ich schrieb einmal ein Stück für sieben Instrumente. Bei den Proben stellte sich heraus, dass es ohne Dirigent nicht funktionierte. Später bekam ich den Rat, es professionell zu versuchen. Mit 19 studierte ich zwei Jahre Dirigieren in Sankt Petersburg, ab 1998 dann in Paris.
Komponieren Sie noch?
Dafür habe ich leider keine Zeit. Meine Stücke standen in der musikalischen Tradition der Slowakei, die nicht nur auf der Landkarte zwischen Tschechien und Ungarn liegt: Janácek, aber auch Béla Bartók und György Ligeti haben mich starkt beeinflusst.
Wird Donizetti Ihre Karriere weiter begleiten?
Ich habe mich schon mit „Don Pasquale“ beschäftigt. Aber ich werde mich nicht auf diese Musik spezialisieren. Am nächsten liegt mir die Musik vom Anfang des 20. Jahrhunderts mit ihrer stilistischen Vielfalt und ihrem Klangreichtum.
Was machen Sie, wenn Sie nicht dirigieren?
Ich lese viel über die Musik, die ich einstudiere. Die restliche Zeit verbringe ich mit meiner Familie. In München möchte ich mir noch die Alte Pinakothek ansehen. Aber das werde ich erst nach der Premiere schaffen.
Robert Braunmüller
Premiere am Dienstag, 19 Uhr. Auch am 4., 7., 11., 14. und 18. 12. Karten unter Tel. 2185 – 1920