Das neue alte Schmuckkasterl

Mit dem Cuvilliés-Theater bekommt München ein besonderes Geburtstagsgeschenk. Schon Mozart dirigierte hier: Nach jahrelangen Renovierungsarbeiten wird das Rokokojuwel in der Residenz wiedereröffne
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MÜNCHEN - Mit dem Cuvilliés-Theater bekommt München ein besonderes Geburtstagsgeschenk. Schon Mozart dirigierte hier: Nach jahrelangen Renovierungsarbeiten wird das Rokokojuwel in der Residenz wiedereröffne

Fast zwei Jahre hat es niemand außer den Arbeitern und Restauratoren mehr gesehen. Es verbarg sich hinter Gerüsten und Abdeckplanen: das weiß-rot-golden schimmernde Hoftheater in der Münchner Residenz, eine Schöpfung des Rokoko, geschmückt mit zahlteichenmythologischen und allegorischen Darstellungen. Am Samstag wird das nach seinem Erbauer Francois Cuvilliés benannte Theater mit einer Neuinszenierung von Mozarts Oper „Idomeneo“ feierlich wiedereröffnet, deren Uraufführung der Komponist im Angesicht der Schnitzereien dort 1781 dirigierte.

Die Ergebnisse der rund 25 Millionen Euro teuren Generalsanierung – fünf Millionen Euro steuern eine private Initiative und die Ernst-von-Siemens- Kulturstiftung bei, den Rest zahlt der Freistaat – sind nicht augenfällig. Besuchern wird wohl zuallererst die moderne Glaskuppel auffallen, mit denen ein ehemals offener Innenhof im Foyerbereich überwölbt wurde. Außerdem können die Gäste auf 520 neuen Sesseln Platz nehmen. Der Zuschauerraum ist nur leicht aufpoliert. „Auf eine völlig neue Vergoldung haben wir verzichtet, um die Patina zu erhalten“, sagt Mathias Pfeil, Leiter der Bauabteilung der bayerischen Schlösserverwaltung.

Unsichtbare Erneuerung

Das mit Abstand meiste Geld ging in die von außen unsichtbare Erneuerung der Bühnen- und Haustechnik und in einen modernen Brandschutz. Eigentlich ist das Theater eine Schöpfung der 50er Jahre. Damals wurde das von Bomben zerstörte Haus an einem neuen Ort innerhalb der Residenz wiederaufgebaut. „Was wir hier gemacht haben, ist eigentlich ein Neubau in alten Mauern“, sagt Pfeil. Allein 220 Kilometer Kabel wurden neu verlegt.

Geschaffen hatte das Kleinod des bayerischen Rokoko der Architekt Francois Cuvilliés der Ältere. Im Auftrag von Kurfürst Max III. Joseph errichtete er von 1751 bis 1753 die neue Hofoper der Wittelsbacher in ihrem Münchner Stammsitz. Einen Großteil der Baukosten, die das damals veranschlagte Budget von 53 000 Gulden bald um das Dreifache überstieg, verschlang die prachtvolle Innenausstattung. 1753 wurde das neu erbaute Residenztheater, das heute nach seinem Schöpfer Cuvilliés-Theater genannt wird, festlich eröffnet.

Auch technisch war das Münchner Haus damals auf dem neuesten Stand. Die neue Hofoper besaß mit ihren sieben „Fahrten“, die während eines Aktes vier Verwandlungen erlaubten, einer Unterbühne im Stile von Versailles, die das Versenken bühnenhoher Kulissenteile ermöglichte, und mit einer Bühnentiefe von 26 Metern weltstädtisches Niveau. Von dieser Bühnenmaschinerie, einem Werk des Italieners Giovanni Paolo Gaspari, ist allerdings schon lange nichts mehr erhalten, weil das Theater bereits nach der Eröffnung des Nationaltheaters ab 1825 als Kulissenmagazin und Probebühne diente. Schon damals wurde die Innenausstattung demotiert und grundlegend erneuert, ehe das Theater im November 1857 als Schauspielhaus wiederöffnet wurde. Intendant Ernst von Possart brachte in den 1890er Jahren Mozarts Opern in den Rokoko-Rahmen zurück. Bei der Neueinstudierung des „Don Giovanni“ am 29. Mai 1896 wurde erstmals im europäischen Theater eine Drehbühne verwandt.

Nebenräume für den Hof für immer verloren gegangen

Am 18.März 1944 hatten alliierte Bomber den Bau, wie die gesamte Münchner Residenz, in Schutt und Asche gelegt. Glücklicherweise hatte man große Teile der kostbaren Innenverkleidung vorher ausgebaut und ausgelagert. Sie blieben erhalten und wurden 1958 zum 800-jährigen Stadtjubliäum im Apothekenstock am Brunnenhof wieder eingebaut. Für immer verloren gingen bei dieser Versetzungsaktion die von Cuvilliés geschickt geformten Nebenräume für den Hof, die Garderoben und Werkstätten für das Theaterpersonal. Schon im 19. Jahrhundert untergegangen waren das Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann und der Theatervorhang.

Auf Letzteren wird das Publikum übrigens noch einige Zeit warten müssen. Der den Farben des Deckenfrescos angepasste blau-silbern schimmernde Vorhang aus derWiederaufbauzeit entsprach nicht mehr den strengen Vorgaben des Brandschutzes. Einen nicht brennbaren Stoff in der betreffenden Farbkombination zu finden, sei bisher nicht gelungen, sagt Pfeil. „Aber wir werden schon eine Lösung finden.“ Vielleicht wird es doch wieder ein roter Vorhang. So jedenfalls soll das Original ausgesehen haben.

Georg Etscheit

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