Das Menschlein und die Macht des Blues
Der Blues in all seinen Transformationen zwischen Amerika und England ist ein Raum, in dem man das Kreischen der Moden nur noch dumpf wahrnimmt. Er ist das Gegenmodell zu einer Innovationen immer mehr behauptenden als ausstellenden Pop-Welt. Joe Bonamassa ist der aktuelle Gitarrenheld dieser wieder an Fahrt gewinnenden Graswurzelbewegung.
„Dust Bowl” heißt sein Solo-Album, nachdem er im letzten Jahr den Versuch unternommen hatte, mit Glenn Hughes, Jason Bonham und Derek Sherinian als Black Country Communion eine Supergroup zu formen. Der Nachfolger erscheint am 10. Juni. Bonamassa, der Junge aus Utah, der ein wenig aussieht wie ein College-Boy aus der weißen Mittelklasse, strebt seit seit 2000 an die Spitze seines Genres.
Sirenengitarre
Bei ihm gibt es die Geschichte einer Innitiation. Sein Vater hatte ein Gitarrengeschäft. Am 24. Mai 1990 schüttelte der Wunderknabe B. B. King die Hand. Bonamassa hat diesen Augenblick zu seinem epiphanischen Erlebnis gemacht, und in Interview stellt er sich selber weit unter seine Helden. Auch auf diesem Album ist das anders, denn wo Eric Clapton mittlerweile im Understament angekommen ist, stellt Joe sein Virtuosentum in einer sich rasend um sich selber drehenden Sirenengitarre aus. Immer ein wenig auftrumpfend, ein elektrisches Gewitter im Led Zeppelinschen Sinne, das – „Black Lung Heartache” – über der eigenen Gesundheit niedergeht.
Amerikanische Mythen
Oft ist da der angenehme Kurzschluss mit der Geschichte und ihren Geschichten. Auch der Blues des Bonamassa ist die Spiegelung der religiösen und amerikanischen Mythen im Inneren der eigenen Person. „The Whale That Swallowed Jonah” ist die Story von einem, der eingesogen wird von der Ungewissheit des Lebens. Wenn Bonamassa im Titelsong singt: „Sometimes I feel like I’m living in a dust bowl” ist das die Beschreibung einer vom Menschlein nicht zu steuernden Macht, die die Kreatur über das Land wirbelt, wie die Sandstürme, die in den 30er Jahren den Farmern der Great Plains den Boden unter den Füßen fortzogen.
Joe Bonamassa: Dust Bowl (Mascot Records)