Das Mädchen von nebenan

Spannender kann man nicht in den jungen Rechtsradikalismus schauen: „Kriegerin”
Adrian Prechtel |
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Der Film fängt perfide an: Man sieht ein Mädchen mit einem schweren Rucksack am Strand entlang gehen. Es scheint eine Art Durchhaltetraining zu sein. Der Großvater tritt ins Bild und lobt die Kleine für ihre Härte mit einer stolzen Umarmung. Und man ahnt: Es ist ein Mann, der seine „beste Zeit” im zwölfjährigen „tausendjährigen Reich” verbracht hat. Darübergelegt hört man die schon ältere Marisa sprechen: Ein Lob der Demokratie: „Jeder kann wählen und hat Rechte...” Und dann plötzlich: „...auch Neger, Junkies, Kinderschänder, denen das Land scheißegal ist!” Und man ist mittendrin im genial schockierenden Film „Kriegerin”.

Denn man erlebt hier nicht einen Zurücklehn-Film, in dem der Zuschauer sagen kann: Klar, diesen Neonazis hat man ins Hirn geschissen. Oder: Das ist ja ein Milieu, das hat mit mir nichts zu tun. Nicht nur die immer größere Kreise ziehende Jenaer Gruppe um Beate Zschäpe hat uns eines Anderen belehrt.

„Kriegerin” zeigt die 20-jährige Marisa (Alina Levshin). Sie hat sich „Skingirl” aufs Dekolletee tätowiert und Wut im Bauch, weil ihr Leben „scheiße läuft”. Der rechtsradikale Freund ist im Knast, sie hat keine Ahnung, was sie aus ihrem Leben machen soll. Nur in der Aggression spürt sie sich selbst und das Leben.

Aber Marisa ist nicht einfach abstoßend und kalt, sondern verblendet. Sie scheint hinter der aggresiven Fassade menschlich ansprechbar. Das ist der Ansatzpunkt des nachwirkenden Films für den sich einschleichenden Zweifel an der Unmenschlichkeit dieser Szene. Und wir gehen den harten Weg aus dem Geborgenheitsmilieu mit klarem Freund-Feind-Schema und Weltbild mit, denn Marisa ist unsere irritierende Identifikationsfigur, die wir haargenau kennenlernen, um die wir fassungslos-gebannt bangen.

Kino: City, Monopol, Münchner Freiheit, Rio
B&R: David Wnendt (D,100 Min.)

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