Das Leben der Geliebten des Königs: "Lola Montez in Bavaria"

Am Sonntag jährt sich ihr Sterbetag zum 160. Mal. Eine Erinnerung an das aufregende Leben der Königsgeliebten.
von  Karl Stankiewitz
Der nach der Tänzerin benannte Film von Max Ophüls aus dem Jahr 1955 erzählt aus dem Leben der Lola Montez (Martine Carol) und von ihren zahlreichen Liebhabern.
Der nach der Tänzerin benannte Film von Max Ophüls aus dem Jahr 1955 erzählt aus dem Leben der Lola Montez (Martine Carol) und von ihren zahlreichen Liebhabern. © imago/United Archives

Am 17. Februar 1821 war einer irischen Adligen und einem schottischen Offizier in Grange (Irland) eine Tochter geboren: Eliza Rosanna Gilbert. Sie lebte als Kind in Indien, bis sie sich von einem englischen Offizier entführen ließ und schließlich durch zahlreiche Affären als Lola Montez in ganz Europa sowie in Amerika berüchtigt war. Ganz besonders im Königreich Bayern.

Ludwig I. ist entzückt von der 25-jährigen Lola Montez

Am 7. Oktober 1846 verlangte eine sehr temperamentvolle und herrische Dame vor dem Audienzzimmer der Münchner Residenz, zum König vorgelassen zu werden. Sie wollte sich beschweren, weil ihr Hofintendant August von Frays einen Auftritt verweigert hatte. Durch den Lärm aufmerksam geworden, ließ Ludwig I. die 25-Jährige eintreten. Er war entzückt: "Schön von Zügen, fein v. Wuchs, weise Haut." So vertraute der König einem bisher unzugänglichen Tagebuch an, das die Historikerin Marita Krauss erstmals für ihr zum 200. Geburtstag erschienenes Buch "Das Leben der Lola Montez" verwenden konnte.

Dass sie, wie immer wieder kolportiert wird, auf eine anzügliche Frage des Königs ihr Korsett zerschnitten habe, verweist die Biografin ins Reich der Legende. Tatsache ist, dass das schöne Fräulein schon in Sevilla als Hochstaplerin entlarvt worden war, worauf sie nach London entfloh. Dort taufte sie sich um in Maria de los Dolores Porrys y Montez. Danach tingelte sie als "Lola Montez" durch die Halbwelt von Paris, wo Alexander Dumas und andere Prominente zu ihren Liebhabern gehörten.

Die Geliebte des Königs: Sie durfte ihn "Luis" nennen

Weitere amouröse Abenteuer, Skandale, manchmal auch offene Tumulte, veranlasste sie dann in Baden-Baden, Berlin und Warschau. In München wurde sie zum Mittelpunkt einer Staatsaffäre. "Lolitta" wollte sie genannt werden, "und ich thus". Schon drei Tage nach Erstbegegnung durfte die "Mademoiselle aus Madrid" am Hof- und Nationaltheater spanische Tänze im National-Kostüm darbieten, wenn auch nur in Zwischenakten des Schwanks "Der verschwundene Prinz". Der König war anwesend und nun über alle Maßen entflammt. Umgehend machte er die "Künstlerin" zu seiner Geliebten, sie durfte ihn "Luis" nennen. Er ließ sie von Karl Stieler für seine Nymphenburger Schönheitengalerie malen und nochmal von Wilhelm Kaulbach.

Sie bekam einen eigenen Lakai, einen Kutscher und bald sogar ein eigens gebautes Gartenhaus in der Barer Straße 7. "Das 60-jährige Bürschchen ist wieder etwas verliebt, bin dessen froh….das heißt wieder bin ich jung," vertraute Ludwig seinem Tagebuch an. Nichts wollte er hören oder glauben über die Eskapaden seiner Mätresse.

Es interessierte ihn in seiner Verliebtheit offenbar nicht, dass einer ihrer Liebhaber, ein Pariser Chefredakteur, ihretwegen bei einem Duell getötet wurde, dass über die Dame seines Herzens in Mannheim Polizeiakten unter dem Stichwort "Prostitution" vorlagen oder dass sie im Münchner Luxushotel "Goldener Hirsch" einen Polizisten geohrfeigt hat, gern mit Reitpeitsche, Pistole oder Watschen drohte und dass sie eine Affäre mit dem jungen Franz Liszt gehabt und dieser sie während des Schlafs verlassen haben soll - worauf sie das Zimmer demolierte.

Die Liebe zu seiner Lolitta macht Ludwig I. blind und taub

Der verliebte König ignorierte auch vertrauliche Berichte der als Spitzel dienenden Haushälterin über Lolittas Lotterleben. Polizeipräsident Freiherr von Pechheim wurde nach Landshut versetzt. So verhallten all die lustigen oder bösen Kolportagen und Schmähschriften, die in Stadt und Land kursierten. Desgleichen die Klagen der Minister, die um ihre Entlassung eingaben, sowie die der "ultramontanen Jesuitenpartei", die ihn noch im Fall des liberalen Heinrich Heine beeinflussen konnte.

Dem Episkopat beichtete er einmal: "Der Skandal ist nur scheinbar. Ich würde sehnlichst wünschen, ein ausführbares Mittel zu kennen, um der Welt zu zeigen, dass in Wirklichkeit gar kein Skandal vorhanden ist." Nie habe er die "letzte Liebesgunst" verlangt. (Ähnlich verteidigte sich viel später ein amerikanischer Herrscher: "Kein Sex").

Wegen des Adelstitels kommt es sogar zu Demonstrationen

Zum Skandal wurde die Affäre dennoch, als die Königskurtisane die bayerische Staatsbürgerschaft bekam. Um dies durchzusetzen, erzwang Ludwig von der Staatsregierung die Ausfertigung eines Adelsdiploms. So wurde aus der kleinen Tänzerin eine Gräfin von Landsfeld. Das ging nun doch zu weit. Studenten und andere Bürger zerschlugen am 10. Februar 1848, drei Tage nach Schließung der unruhig gewordenen Universität, die Fenster der Polizeidirektion, um anschließend schreiend und schimpfend vor dem Palais der neuen Gräfin zu demonstrieren. Die erschien hohnlächelnd am Fenster, trank ein Glas Champagner und griff zur Pistole. Dieselbe konnte ihr der Artillerieleutnant Nussbaum, einer ihrer Günstlinge, gerade noch entreißen.

Ludwig knickt ein - und lässt Lola Montez ausweisen

Die Unruhen weiteten sich am nächsten Tag aus. Vom Marienplatz her marschierten Bürger samt Magistrat zur Residenz. Der König zeigte sich mittags am Fenster, die Königin daneben im Negligé. Gräfin Landsfeld wollte ebenfalls zur Residenz, aber die Tore blieben für ihren Wagen verschlossen. Inzwischen nämlich hatte sich Ludwig angesichts der revolutionären Lage gezwungen gesehen, die Ausweisung der Gräfin aus dem Königreich Bayern binnen 24 Stunden zu verfügen. Die Universität ließ er wieder öffnen.

Lola begab sich aber am 12. Februar nur bis zur Blutenburg am Stadtrand, während eine aufgebrachte Menge ihre Wohnung zertrümmerte. Ein mit Pistole und Hund bewaffneter Gastwirt nahm die Flüchtige fest. Kürassieren brachten sie zum Bahnhof nach Pasing. Laut Polizeibericht fuhr sie in Richtung Schweiz ab. In der Nacht zum 9. März 1848 aber tauchte sie wieder in München auf, in Männerkleidung und mit "Banditenhut". Die Polizei war alarmiert. Im Haus eines Stabsboten in der Wurzerstraße entdeckte man die ehemalige Tänzerin, versteckt unter einem Kanapee. "Sie gebärdete sich in ihrer wohlbekannten Manier äußerst heftig."

Er schreibt ein Gedicht - und sie zur Fahndung aus

Endgültig und energisch wurde sie nun doch aus Bayern abgeschoben. Ihr König widmete ihr zunächst ein elegisches Gedicht, wies jedoch am 17. März alle Gerichts- und Polizeibehörden im Land an, "auf besagte Gräfin zu fahnden" und sie bei Festnahme auf die nächste Festung zu bringen. Inzwischen hatten "Proletarier von der Au", so die Polizei, das Münchner Zeughaus gestürmt und sich mit Luntenflinten, Hellebarden, Morgensternen und anderem Kriegsgerät bewaffnet. Am 20. März unterzeichnete Ludwig von Gottes Gnaden König von Bayern, Herzog von Bayern, Franken und Schwaben, das Abdankungspatent mit dem Kommentar: "Eine neue Richtung hat begonnen."

Trotzdem wird Lola Montez in ihren Memoiren auf die 16 Münchner Monate eher heiter zurückblicken: "Wenn ich mich erinnere, wie bald ich nachher Gegenstand einer allgemeinen, aber bittern Aufmerksamkeit wurde, dann erscheint mir diese ganze wunderbare Epoche meines Lebens wie ein toller Fastnachtsspuk." In der Schweiz erhoffte sich Lola ein Wiedersehen mit ihrem "Luis", von dessen Geld sie in Luxus lebte und mit dem sie sich noch Briefe schrieb.

Lola Montez: Die ewige Abenteurin wanderte nach Amerika aus

Die Liaison endete definitiv nach einem Erpressungsversuch und ihrer Heirat mit einem britischen Offizier, die ihr eine Anklage wegen Bigamie einbrachte. 1852 wanderte Lola Montez, ewige Abenteurerin, nach Amerika aus, wo sie die Titelrolle im Broadway-Stück "Lola Montez in Bavaria" spielte. Eine Tournee führte sie bis nach Australien, wo sie unter Goldgräbern lebte. Sie las aus ihren Memoiren, schrieb Schönheitsratgeber, engagierte sich für "gefallene Mädchen", wurde bekennende Christin. Und am 17. Januar 1860 starb die 39-Jährige an einer Lungenentzündung in New York, wo sie auch begraben ist.


Der Beitrag stützt sich u.a. auf das "Weißblaue Schwarzbuch" von Karl Stankiewitz, Volk Verlag. Zum 200. Geburtstag erschien kürzlich im Beck Verlag "Das Leben der Lola Montez" von Marita Krauss.

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