Das „Konzert für Orchester“ von Witold Lutoslawski
Das dreisätzige Werk hat graue Haare bekommen. Es ist nicht nur reichlich schablonenhaft strukturiert, sondern bedient sich auch einer musikalischen Umgangssprache, die den Zauber einer Klangfarbendramaturgie durch einförmige Energie ersetzt.
Das „Konzert für Orchester“ von Witold Lutoslawski entstand zwischen 1950 und 1954, aber es wirkt bedeutend älter. Der Chefdirigent des BR scheint einen Narren gefressen zu haben an diesem Stück, das sich ziemlich ungeniert der Mittel Hindemiths, Bartoks und Strawinskys bedient. Ältere Semester kennen zumindest jene Takte, die das ZDF einst als Vorspann für ein ziemlich rechtslastiges politisches Magazin bemühte.
Mittlerweile hat das dreisätzige Werk graue Haare bekommen - es ist nicht nur reichlich schablonenhaft strukturiert, sondern bedient sich auch einer musikalischen Umgangssprache, die den Zauber einer Klangfarbendramaturgie durch einförmige Energie ersetzt. Die gute Nachricht: zu retten, was zu retten ist, war für Mariss Jansons und die BR-Symphoniker Ehrensache.
Zuvor durfte die japanische Geigerin Midori den Ernstfall proben. Mit den Elite-Musikanten des BR reist sie im kommenden Monat in ihre Heimat. In der Philharmonie musizierte sie das Violinkonzert von Tschaikowsky spröde, ungemein spannend und stets darauf bedacht, Sentimentalitäten zu meiden. Gelegentliche Eigenwilligkeiten, etwa das Hervorheben lyrischer Passagen durch überdeutliche dynamische Akzente, verblüfften. Die Abkehr von jeglicher Virtuosen-Pose machte mächtigen Eindruck. Schade allenfalls, dass Midori im letzten Satz wie Heifetz, Francescatti, Stern und andere Giganten, auf die einst üblichen Kürzungen zurückgriff. Das hörte sich zwar gut an, weil die endlosen Wiederholungen einzelner Passagen sinnvoll reduziert werden. Aber es bleibt eben doch ein Eingriff in das Original.
Volker Boser
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