Das Haus der Weltkunst: Okwui Enwezor wird neuer Chef im Haus der Kunst
MÜNCHEN - Global gesucht und fündig geworden: Kunstminister Wolfgang Heubisch stellt den in New York lebenden Kurator Okwui Enwezor als neuen Leiter des Hauses der Kunst vor
Den Vorabend vor seiner Vorstellung verbrachte Okwui Enwezor nach einem Abendessen mit Kunstminister Wolfgang Heubisch im "Schumann's" - dort, wo schon sein Vorgänger Chris Dercon so manche Kunstpläne schmiedete. Man kann also sagen, dass Okwui Enwezor schon in der Münchner Gesellschaft angekommen ist, bevor er ab Herbst 2011 die Leitung des Hauses der Kunst antritt.
Selbst Deutsch will er noch lernen, wie er gestern auf seiner Präsentation an seinem künftigen Arbeitsplatz erzählte. Das allerdings klang eher nach Höflichkeit, als nach Überzeugung. Schliesslich solle es bei seiner Arbeit nicht um Nationalitäten, sondern um Ideen gehen, sagte Enwezor, der stets auf der Suche nach dem experimentellen und politischen Geist der zeitgenössischen Kunst ist.
Kunstminister Heubisch und seinem Team um Toni Schmid ist damit ein echter Coup gelungen, der die Kritiker verstummen lassen dürfte. Schon als Chris Dercon vor acht Monaten verkündete, an die Tate Modern nach London zu wechseln, hiess es aus dem Kunstministerium, dass international ein Nachfolger gesucht würde. Nun ist man in New York fündig geworden, wo der 1963 in Nigeria geborene Litertur- und Politikwissenschaftler, der seit 2000 amerikanischer Staatsbürger ist, auch wohnt.
Es bleibt aufregend
In Deutschland wurde er als Leiter der documenta 2002 populär, in München kennt man ihn schon ein wenig länger. "München ist wesentlicher Bestandteil meiner intellektuellen DNA", sagte Enwezor und erzählte, wie ihn Jo-Anne Birnie-Danzker, damalige Leiterin der Stuck Villa, 1998 in New York bei einem Gespräch zu einer Münchner Ausstellung ermutigte. Sie fand 2001 unter dem Titel "The Short Century - Unabhängigkeit und afrikanische Freiheitsbewegungen von 1945 - 1994" statt. Enwezor, der konkrete Zukunftspläne erst bei Dienstantritt am 1. Oktober präsentieren möchte, ist international bestens vernetzt. Er versprach, neben etablierten Künstlern auch jene an die Isar zu holen, "deren Namen Ihnen vielleicht noch nicht bekannt sind".
Vor allem aber lobte er überschwänglich Chris Dercons Vorarbeit, der das "von seiner Geschichte gejagte Haus" zu weltweitem Renommee geführt habe. Enwezor kuratierte in Sevilla und Johannesburg, hatte Professuren in Pittsburgh, Chicago und Barcelona. Beste Voraussetzungen, dass das Haus der Kunst (ein Museum ohne eigene Sammlung) auch zukünftig ein Ort der aufregenden und viel diskutierten Kunstentwicklungen bleiben wird.
Bis Enwezor im Herbst den neuen Job antritt, stehen dem scheidenden und dem neuen Leiter noch zwei einschneidende Erlebnisse bevor. Ministerialdirigent Toni Schmid möchte Okwui Enwezor mit Wagner-Räuschen am Grünen Hügel in Bayreuth in die Wahnwelten der deutschen Seele einführen. Und Kunstminister Heubisch versprach, Chris Dercon "bei einem gebührenden Abschied" das Du anzubieten.
Volker Isfort