Das große kleine Glück
Auf dem Tollwood erzählt das Maskentheater Familie Flöz wortlos die bizarre Geschichte des „Hotel Paradiso“, in dem es gar nicht paradiesisch zugeht.
Ein Gewittersturm umtost das Berghotel am Fuß der Schneegipfel. „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“, singt Zarah Leander, und der traurige Mann an der Rezeption schafft sich mit selbstgestanztem Konfetti einen kleinen Glücksmoment. Wortlos erzählt das Maskentheater Familie Flöz die bizarre Geschichte des „Hotel Paradiso“, in dem es gar nicht paradiesisch zugeht.
Die Familie Flöz hat in den letzten Jahren die Tollwood-Besucher bereits mit ihren Stücken „Familie Flöz kommt über Tage“, „Ristorante Immortale“ und „Teatro Delusio“ bezaubert. Auch in der neuen Inszenierung von Michael Vogel erwachen die Masken des Flöz-Gründers Hajo Schüler zu wundersamem Leben voller Komik und Poesie.
Der verstorbene Patriarch des Familienbetriebs blickt streng aus seinem Porträt. Von besseren Zeiten des Hauses künden vier Sterne über der Drehtür des Foyers. Jetzt managt der erwachsene Sohn die Rezeption und träumt bei jedem neuen weiblichen Gast von der großen Liebe. Seine Schwester, mondän in Rot und Schwarz gewandet, will das Hotel modernisieren – ganz in Rot natürlich – und liegt darüber in ständigem Streit mit ihrem Bruder.
Die alte, gebrechliche Mutter hält beide mit Stockschlägen auf die Waden in Zaum und steigt umständlich auf einen Stuhl, um Vaters Bild abzustauben. Ein Kampfhund verwehrt den Zutritt zur Küche, in der ein grimmiger Koch offenbar nicht nur Schweinehälften zersägt. Und das kleptomanische Dienstmädchen klaut alles, was nicht niet- und nagelfest ist.
Es weiß auch die Kraft der Heilquelle zu nutzen, die in einem Brunnen mit Pumpschwengel sprudelt: Als der Koch wütend den Staubsauger-Stecker aus der Dose zieht, bringt sie das Gerät mit Heilwasser zum Laufen. Ein von der Tochter angeschleppter Hotelpage verliert bald seinen Kopf, macht sich aber auch als Leiche noch störend bemerkbar.
Grotesk sind die Gäste: ein bekiffter Indianer im Kimono, Bergsteiger, ein Brautpaar, ein Bankräuber auf der Flucht. Den sucht ein vertrottelter Polizei-Inspektor, der ohne seinen Assistenten verloren wäre. Nur vier Schaupieler stecken hinter all den Masken: Mit Slapstick, Artistik und Tanz, aber auch mit anrührender Zartheit geben sie jeder Figur ihren komödiantischen, unverwechselbaren Charakter.
Gabriella Lorenz
Tollwood, Theater-Insel, bis Samstag, 20.30 Uhr, Tickets Tel. 0700 – 38385024
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