Das Funkeln in den Augen

Sie ist eine Legende, die sich nicht liften lässt und Hollywood meidet: Der Dokumentarfilm „The Look” zeigt beim Filmfest Charlotte Rampling, wie sie ist. Am Dienstag kann man sie live erleben.
von  Margret Köhler

In den 60er Jahren gehörte sie zum freizügigen Swinging London, stand für Viscontis „Die Verdammten" vor der Kamera, schockierte in „Der Nachtportier" und inspirierte Helmut Newton zu seiner ersten Akt-Fotografie. Heute ist sie François Ozons Muse: Charlotte Rampling. Der deutschen Regisseurin Angelina Maccarone gelang mit „The Look" das Porträt einer atemberaubenden Schauspielerin, die sich mit Weggefährten und Freunden wie Paul Auster, Peter Lindbergh oder Juergen Teller unterhält, der sie nackt vor der Mona Lisa im Louvre fotografieren durfte. Erleben kann man die Aktrice bei „Filmmakers Live” am Dienstag, 28.6. um 18 Uhr in der Black Box im Gasteig.

AZ: Sie gelten als sehr reserviert, halten die Leute auf Distanz. Warum haben Sie dennoch diese Dokumentation akzeptiert?

CHARLOTTE RAMPLING: Ich habe mich erst ziemlich gewehrt. Die Vorstellung, dass jemand mein Leben nacherzählen könnte, langweilte mich. Seit Jahren fragen ständig Verleger nach einer Autobiografie oder Filmemacher nach einem Porträt. Umsonst. „The Look” ist nicht festgezurrt, sondern wie ein „Work in progress” im Fluss. Ich unterhalte mich mit Freunden, die mich ein Stück Weges begleitet haben, über Themen, die uns interessieren.

Hatten Sie Angst, zuviel von sich preiszugeben?

Wen sollte mein Inneres wirklich interessieren? Es ist doch wichtig, dass man ein Geheimnis behält, eine Rätselhaftigkeit und nicht alles über sich ausposaunt.

Geben Sie sich wirklich echt, oder spielen Sie nicht auch eine Rolle?

Tun wir das nicht manchmal alle? Als Schauspielerin bin mir natürlich dessen sehr bewusst. Aber ich wollte immer die sein, die ich bin. Ohne Wenn und ohne Aber. Sonst verliert man sich doch. Der Film handelt vom Sich-Selbst -Darstellen und darüber, wie ich Menschen mit auf meine Reise nehmen kann.

In einigen Alltagsszenen fahren Sie U-Bahn und schlendern durch Paris…

Das ist normal für mich. Man darf die Bodenhaftung nicht verlieren. Aber mir ging es weniger um das Gewöhnliche als um das Außergewöhnliche. Ich werde Ihnen aber nichts über mein normales Leben erzählen. Das geht niemanden etwas an.

Hat das Kino noch die Faszination wie vor 30 Jahren?

Ich gehe immer noch gerne ins Kino und liebe meinen Job. Und bei der Arbeit mit unabhängigen Filmemachern entdecke ich immer etwas Neues, auch in mir. Das dicke Hollywoodgeschäft hat mich nie gereizt. Zu gefährlich. Wenn man einmal in dem System steckt, kommt man da nicht so schnell wieder raus. Ich möchte nicht dazugehören.

Waren Sie nicht irritiert, dass „The Look" in der Reihe „Cannes Classics" lief?

Erst habe ich mich gewundert, weil da viele restaurierte Filme laufen und gedacht, vielleicht denken die Organisatoren, ich hätte auch eine Restaurierung nötig…

Im Film erteilen Sie Schönheitsoperationen eine Absage.

Schönheit ist keine Konstante, sondern ändert sich im Lauf der Zeit. Dazu stehe ich. Auch wenn ein paar Fältchen hinzukommen: Hauptsache das Funkeln in den Augen bleibt. Der Blick macht uns jung oder alt. Altern ist eine Frage der Einstellung. Natürlich kann ich nicht mehr das naive Mädchen verkörpern, aber ich möchte weiter verführen und die Lust am Kino wecken.

Sie zeigten nie Scheu vor Nacktszenen. Mussten Sie sich dazu überwinden?

Heute gibt es weniger Tabus. Ich bin nicht mehr die Jüngste, deshalb würde ich auf Nacktszenen verzichten. Aber es hat mir nichts ausgemacht, ob ich nackt oder bekleidet vor der Kamera stand. Es kam nur auf die Geschichte an.

Bedauern sie Dinge aus der Vergangenheit?

Niemand sollte etwas bedauern. Wir versuchen doch immer das Richtige im richtigen Moment zu tun. Ich kann mit diesen Leuten, die immer jammern, sie hätten ihr Leben vertan oder die Schuld bei anderen suchen, nichts anfangen. Jeder ist für sich verantwortlich.

„The Look” am Dienstag, 17 Uhr, Sendlinger Tor (Wiederholung: Samstag, 2.7., 22.30, Rio 2)

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