"Das Fieber" im Theater Undsofort
Ein schlechtes Gewissen: Heiko Dietz spielt den Monolog „Das Fieber“ von Wallace Shawn im Theater Undsofort.
Ein Mann kauert zitternd im Bad seines Hotelzimmers. Fieberschübe schütteln ihn, seine Gedanken laufen Amok: Was tut er, der gutsituierte Weiße, in Mittelamerika?
In dem Monolog „Das Fieber“ rechnete US-Dramatiker Wallace Shawn 1991 ab mit der Lebenslüge des liberalen Bildungsbürgertums gegenüber der Dritten Welt. Heiko Dietz spielt das brisante Solo im Theater Undsofort, kann aber wenig von der inneren Not der Figur vermitteln. Denn Dietz und sein Regisseur Christian Kroos sparen die reale Situation aus: Dass der Mann krank auf dem Kachelboden sitzt, bleibt hier pure Behauptung, die Dietz aus dem Dunkel heraus spricht. Neben einem kahlen Bettpodest steht unter grellen Verhörlampen nur ein weißer Stuhl, auf den die ganze Zeit symbolschwer Blut tropft.
Es ist das Blut der Gefolterten und Verfolgten, die durch die Gedanken des Mannes spuken. Er stellt sich eine Hinrichtung vor, verliert sich in Revolutionsfantasien und Kindheitserinnerungen, zermartert sich, ob bewaffneter Aufstand besser sei als Ausbeutung. Er ist das personifizierte schlechte Gewissen eines westlichen Intellektuellen, der begreift, dass sein Luxusleben nur möglich ist, weil in der Dritten Welt die Armen verrecken. Er begreift auch, dass man hier nicht Geduld und Moral predigen kann und dass sein Engagement für die gerechte Sache verlogen ist.
Von der Qual der Fieberfantasien als körperlichem Ausdruck der Verzweiflung wird bei Dietz wenig spürbar. Er tigert durch das Publikum, turnt über Sitze und bleibt immer lässig – für diesen Text allzu lässig.
Gabriella Lorenz
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