Das Ende der Avantgarde in Deutschland

Nahe dem Haus der Kunst öffnete 1937 die Ausstellung „Entartete Kunst”
Christa Sigg |
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Kandinsky und Klee, Max Ernst oder Ludwig Kirchner – man kann sich das heute nur noch schwer vorstellen, aber für die Nationalsozialisten war das keine Kunst. Was heute jede bedeutende Sammlung der Klassischen Moderne zu ihren wichtigsten Schätzen zählt, musste an den Pranger. Respektive in eine Ausstellung. Nicht im „Haus der deutschen Kunst”, wo die Künstler Hitlers und seiner Entourage gezeigt wurden, sondern in den Hofgartenarkaden eröffnete einen Tag nach dem Prunkbau an der Prinzregentenstraße die Schau „Entartete Kunst” am 19. Juli 1937.

Das wird oft verwechselt, auch Okwui Enwezor, der neue Chef im Haus der Kunst, hatte die Ausstellung in seinen Räumen vermutet. Andererseits ist es naheliegend, dass die Nazis ihren Kunsttempel nicht „entweihen” wollten mit „gequälter Leinwand”, „seelischer Verwesung” oder „geisteskranken Nichtskönnern”. So wurden Beckmann, Kokoschka, Nolde und ihre Kollegen auf Flugblättern verunglimpft, mit denen die Reichskammer der bildenden Künste die Femeschau ankündigte.

In den heutigen Räumen des Theatermuseums wurden 650 Kunstwerke aus 32 deutschen Museen gezeigt – im Vergleich mit Zeichnungen von geistig Behinderten oder in Kombination mit Fotos verkrüppelter Menschen. Die Auswahlkriterien indes waren nicht immer eindeutig. Franz Marcs berühmter „Turm der Blauen Pferde” musste wieder aus den Galerieräumen genommen werden. Der Deutsche Offiziersverein protestierte, weil der im ersten Weltkrieg gefallene Maler als um „das Reich und Vaterland verdienter” Soldat galt und nicht „mit der Schande dieser Ausstellung in Verbindung gebracht” werden sollte. Vier andere Gemälde Marcs blieben allerdings in der Schau.

Die Skulpturen Rudolf Bellings tauchten dafür gleich zweimal auf – im „Haus der deutschen Kunst” war sein „Boxer Max Schmeling” zu sehen, unter den „Entarteten” zwei kubistisch beeinflusste Arbeiten, die schließlich schnellstens entfernt wurden.

Die Schau am Hofgarten gilt als das Ende der freien Kunst und der Avantgarde. Sie lockte drei Millionen Besucher an – der Eintritt war übrigens frei – und zog bis 1941 noch durch zwölf weitere deutsche Städte. Parallel dazu wurden beträchtliche Mengen unerwünschter Kunstwerke beschlagnahmt, die Nazis sprachen von einer „Säuberung” deutscher Sammlungen. Vieles davon wurde brutal zerstört oder ins Ausland verkauft. 

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