Das böse Märchen vom Schwiegerdrachen
Beständig dringt die Bürste in den Haarschopf ein, immer wieder hinein, damit dort droben Ordnung herrscht. Dreißig Mal jede Strähne, darauf besteht die Schwiegermutter. Was eine liebevolle Geste sein könnte, wird zur Zumutung übermütterlicher Zuwendung. Dieses erste Bild hat bereits Symbolkraft, ist Vorzeichen für das Niederstriegeln des freien weiblichen Willens, von dem der Österreicher Ewald Palmetshofer in seinem Dialekt-Stück erzählt.
Beim Lesungswettbewerb „Testspiele” im Stadttheater Oblomow und im Belacqua Theater Wasserburg war das Stück vom Publikum zum Sieger gekürt. Jetzt kommt es in der Regie von Thomas Flach zur Aufführung. Ein kluges Bühnenbild hat Léonie Droste sich ausgedacht: Ein überdimensionaler Schreibtisch in existentieller Schräglage erzeugt eine Linie – darüber ist das Schlafkammerl, darunter die Küche. Dazwischen liegt eine Treppe, und jenseits der Bühne irgendein Hof, wo harte Arbeit wartet. Drinnen drehen sich die Frauen um einen unsichtbaren Dritten: der Sohn, bezeihungsweise Ehemann. Ein Saukerl. Weil aber eine Mutter nicht aus ihrer Haut kann, wird nicht er, sondern das Vertrauen zwischen den Frauen geschlachtet.
Christiane Blumhoff spielt die Schwiegermutter famos, wechselt oft nur aus den Augenwinkeln heraus von der Härte zur Wärme zur Hinterlist, während Elisabeth Wasserscheid die Verzweiflung der Schwiegertochter, ihren Versuch einer Rebellion, die in noch größerer Gefangenschaft endet, ausgezeichnet konturiert. In diesem bösen Märchen stimmt wirklich jede Nuance. Saumäßig gut.
Oblomow, Hans-Sachs-Str. 12, Sa, 20 Uhr; So, 19 Uhr, dann bis 17.12., Tel. 32195533