Da haut's Beethoven vom Barhocker

David Garrett unterhielt sein Publikum mit Schnurren aus seinem Leben und spielte zwischendurch auch was auf seiner Geige
Christa Sigg |
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Also ich möchte, dass ihr mindestens so viel Spaß habt wie ich.“ Claro David, wir sind doch alle total gern in die Philharmonie gekommen. Bis auf ein paar Eltern vielleicht, die auf ollen Schmusepop stehn. Und den ein oder anderen 68er-Opi im Schlepptau einer Teenie-Enkelin mit rüschigem Röckchen über den Leggins und – ganz wichtig – Digicam.

Denn richtig gut kommt so ein Konzert erst am Display. Fotografieren ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet? Mannomann! Das Programmheft mit deinen supergeilen Fotos haben wir doch eh gekauft. Da schaust du so sehnsüchtig durch diese langen Haarsträhnen, die Augen immer ein bisschen verheult, o.k., o.k., verklebt. Wahrscheinlich gehen sie deshalb auch nie ganz auf.

Dafür öffnet sich der Mund, nun ja, ziemlich lasziv. Das ist in dieser todernsten, schwer bildungsbürgerlich gestriegelten Klassikszene ganz schön gewagt. Und erst deine unheimlich lustigen Geschichten! Manchmal sind sie länger als das nächste Stück von diesem Fritz Kreisler.

Dass du dich in Chicago zwei Stunden vor dem Konzert beim Joggen verlaufen hast und aus Versehen Super bleifrei statt Diesel tankst, macht dich so sympathisch. Auch der Pickel, den du vor dem Auftritt mit Make-up aus Senf bekämpft hast. Hoho, das muss gebrannt haben! Dass du vom Applaus im Hotel erzählst, beim Üben mitten in der Nacht, ist dann eher peinlich.

Aber bitte, die Leute haben ein Genie gehört! Nur schade, dass diese Musiker von der Russischen Nationalphilharmonie wie versteinert auf ihren Stühlchen saßen. Null Humor. Oder sie können kein Deutsch. Vielleicht haben sie sich aber auch mächtig gelangweilt. Deine Arrangements dieser Kreisler-Sachen sind doch etwas flach geraten. Aber das wird noch.

Schließlich stellst du dich in eine Reihe mit den großen komponierenden Virtuosen. Paganini, Sarasate und so. Aber komisch, bei Tschaikowsky haben diese Russen plötzlich aufgedreht. Ganz ohne dich. Toll war das. Und so elegant. Man konnte die Schwäne förmlich auf dem See Pirouetten drehen sehen.

Auch dieser für einen Dirigenten etwas bedächtige Vladimir Spivakov bekam einen Hauch Rouge ins graue Gesicht. Und strahlte bei Beethoven wie eine Glühbirne. Mit dem Violinkonzert hast du dir aber einen Brocken ans Bein gebunden. Teufel auch! Wenigstens nahm der Barhocker etwas von der großen Last.

Wow, du bist ohne Schrammen durch diese vertrackte Kreisler-Kadenz gezischt. Und echt nett von dir, das Erich-Honecker-Partyhütchen auf der Ablage im neuen A3 zu lassen.

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