Da blieb nur Jubel, Jubel, Jubel
Ein voller Erfolg: Das dritte Aidskonzert des Münchener Kammerorchesters im Prinzregententheater
Seit 1984, als die vier Buchstaben zum ersten Mal Panik verbreiteten, sind in der Stadt rund 1100 Menschen an der Immunschwäche verstorben. 5000 Infizierte leben in München, von denen 700 akut erkrankt sind. Etwa 150 bis 200 neue Fälle kommen jährlich hinzu. Mit diesen Zahlen machte OB Christian Ude vor dem ausverkauften Benefiz-Konzert des Münchener Kammerorchesters darauf aufmerksam, wie notwendig Aufklärung auch noch 25 Jahre nach Gründung der Münchner Aids-Hilfe ist. Der erhoffte Erlös von 20 000 Euro soll ihrer HIV-Therapie-Hotline zu Gute kommen.
Auch das dritte Aids-Konzert war keine klassische Gala, sondern ein ambitionierter Abend mit dem für das Kammerorchester typischen Zusammenklang aus Raritäten, Bekanntem und erstklassigen Solisten. Den Anfang machte David Fray mit einer postmodernen Sicht auf Bachs g-Moll-Konzert, die einen schlanken Orchesterklang aus der historisierenden Ecke mit einem romantisch-freien Tempo im langsamen Satz glücklich versöhnte. Wie heftig er sich in die Musik einfühlte, war am Gesichtsausdruck des Pianisten ebenso deutlich abzulesen wie aus seinem Spiel, das von der Willensfreiheit des Interpreten den alleroriginellsten Gebrauch machte.
Lauter Glücksfälle
Nach einer vom Dirigenten Alexander Liebreich jugendlich-frisch und sportiv interpretierten Mozart-Sinfonie zeigte Andreas Scholl in drei Opernarien von Händel seine ausgefeilte und in den Koloraturen strahlende Belcanto-Kunst. Der Hornist Franz Draxinger meisterte das heikle Hornsolo in „Va tacito“ aus „Giulio Cesare in Egitto“ mit staunenswerter Sicherheit. Als Zugabe sang der Countertenor noch mit vollendeter Legatokultur das Liebeslarghetto „Ombra mai fu“ aus „Serse“.
Die für Händel ideale Streicherschlankheit des Kammerorchesters bewährte sich auch in Jean Sibelius’ zartem Liebesmusikdrama „Rakastava“ für Streicher, Pauken und Triangel. Dann fetzte der Geiger Daniel Hope noch den leicht halbseidenen Neoklassizismus von Leonard Bernsteins „Symposium" in den Saal. Da blieb dem Publikum nur, der Rezension eines Kollegen nachzufolgen, der das kammerorchestrale Abo-Konzert der Vorwoche knappestmöglich auf den Begriff „Jubel, Jubel, Jubel“ gebracht hatte.
Robert Braunmüller
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