Cripper "Devil Reveals": Charme einer amoklaufenden Dampfwalze
Hannover, das stand bis jetzt für Hartz-IV-Kanzler Schröder, biederen 96er-Fußball, den balladesken Dauer-Liebeskummer der Scorpions und verhinderte Komiker-Versuche wie Oliver Pocher. Doch jetzt kommt aus der niedersächsischen Hauptstadt doch tatsächlich etwas, was wirklich Spaß macht: Cripper.
2005 gegründet, hat das Quintett sich der Musik der kalifornischen Bay Area verschreiben, aber nicht der Beach-Boy-verseuchten Happy-Surfer-Variante, sondern des beinharten Thrash-Metals der Marke Exodus und Testament. Mit "Devil Reveals" haben Cripper einen amtlichen Hammer abgeliefert. Songs wie „Life Is Deadly“, „Junkie Shuffle“ „FAQU“ oder „Hysteria“ marschieren mit dem Charme einer amoklaufenden Dampfwalze gewaltig nach vorne.
Doch bei aller Wut, bei aller Härte, geht dabei auch nie das Gespür für das Besondere, das Extravagante flöten. Da sind einfach verdammt gute Musiker am Werk, die zwar noch nicht in einer Liga mit den Genregrößen wie eben Exodus, Testament oder Kreator spielen, die aber immerhin schon mal den gleichen „Highway To Hell“ befahren und auch schon mal mutig auf der Überholspur aufblenden, um den etablierten Kräften ein bisschen Höllenfeuer unter dem saturierten Hintern zu machen. Und Cripper können noch mit einem echten Sc hmankerl aufwarten.
Denn - was man gar nicht glauben mag, wenn man sich die derben Growl-Shouts anhört - das Tier, dass da die Stimmbänder kohlengrubentief gestimmt hat und an Testaments Chuck Billy erinnert, ist eine Frau! Britta Görtz heißt die Männerstimme im zierliche-aparten Frauenkörper. Dass ihre Spitzname „Elchkuh“ lautet, erklärt sich bei den animalischen Brunftgeschrei von selber. Wenn Cripper noch ihr Gespür für musikalische Dynamik etwas verfeinern, auch mal ein starkes Solo abfeuern, den Mut finden, einen Groove, ein Riff auch mal für sich stehen zu lassen, dann kann Hannover Geburtsstätte der künftigen Thrash-Ikonen sein. Chapeau! Matthias Kerber