Kritik

Catherine Breillats Film über eine verbotenen Liebe: "Im letzten Sommer"

In der Geschichte über eine Liebesbeziehung zwischen einer Frau und einem Teenager wird der Zuschauer moralisch verwirrt.
Adrian Prechtel
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Ein verhängnisvoller Fragebogen wird hier akustisch ausgefüllt: Léa Drucker und Samuel Kircher.
Alamode Ein verhängnisvoller Fragebogen wird hier akustisch ausgefüllt: Léa Drucker und Samuel Kircher.

Ein lustig ironischer Spruch von Kinogängerinnen war oft: "Der kriegt die doch nur, weil er Robert Redford ist!" Oder wahlweise auch: Clark Gable, Vincent Cassel oder Woody Allen. Denn in den Rollen hatte der ältere Mann, auf den sich eine viel jüngere Frau einlässt, oft gar keine besonders sexy gesellschaftliche Stellung. Neuer Feminismus und der aktuell genauere Blick für überkommene Rollenmodelle hat im Film manches verändert.

"Im letzen Sommer" ist jetzt so eine Geschichte, die die jahrzehntelange Sehgewohnheit "älterer Mann, junge Frau" umkehrt und auf die Spitze treibt.

Die französische Altmeisterin des expliziten Sex, Catherine Breillat (75), erzählt die ruinöse Amour fou zwischen einer erfolgreichen Familienrechtsanwältin (Léa Drucker) - Spezialgebiet sexueller Missbrauch - mit ihrem schwierigen Stiefsohn (Samuel Kircher), den ihr Mann für einen Sommer ins Haus holt, weil er von der Schule geflogen ist und auf die schiefe Bahn geraten ist.

Bei der Premiere in Cannes waren aber die meisten Kritikerinnen und Kritiker moralisch etwas überfordert. Denn ist es nicht am Rande des Missbrauchs, wenn die 50-Jährige Sex mit einem 17-Jährigen hat? Anderseits erlebt man, wie es auch der Teenager darauf anlegt, begehrt zu werden.

Die Geschichte wird zu einem Psychokrimi, weil immer mehr klar wird, dass diese heimliche, verbotene Liebe, alles in die Luftsprengen kann - Ehe, Karriere, die ohnehin schwierige Vater-Sohn-Beziehung und vielleicht auch das fragile Leben des Jungen selbst. Und man wartet gespann, wer letztlich - in diesem zum Machtspiel gewordenen Liebensspiel - wirklich das Opfer wird , und wer sich noch retten kann - inklusive des Ehemanns (Olivier Rabourdin).

Catherine Breillat hat bei alledem wieder ihre Idee, dass Begehren erst einmal moralfrei etwas Schönes ist, sehr nah und intim in Szene gesetzt. Dass sie den Zuschauer verwirrt und moralische Konventionen ins Wanken bringt, ist für einen aufregenden Kinoabend ja nicht schlecht. Aber das dänische Original ("Die Königin", 2018) war der eigentliche Vorreiter und Breillats Film nur ein Remake.

Kino: Gloria, Rottmann

sowie Monopol (auch OmU), Theatiner (OmU)
R: Catherine Breillat (F, 104 Min.)

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