Kritik

"Carmina Burana" in der Isarphilharmonie

Die Münchner Philharmoniker und ihr Chor unter Alain Altinoglu mit Carl Orffs Kantate
Michael Bastian Weiß |
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Der Dirigent Alain Altinoglu.
Tobias Hase / mphil Der Dirigent Alain Altinoglu.

Drei Solisten, ein großer Chor, ein riesiges Orchester mit einer ganzen Sammlung von Schlagzeugen; und, als Sahnehäubchen, der spektakuläre, aus Film und Fernsehen bekannte Chor "O Fortuna": Die fast immer konzertant aufgeführte szenische Kantate "Carmina Burana" von Carl Orff ist eines der populärsten Werke der Klassik.

Warum wird es dann nicht öfter gespielt? In dieser konzertanten Aufführung unter der Leitung von Alain Altinoglu sind alle gesammelten Kräfte der Münchner Philharmoniker von höchster Qualität. Im dritten Teil kommt noch der kecke Kinderchor des Gärtnerplatztheaters dazu (Einstudierung: Verena Sarré). Interessanterweise tritt in einer so perfekten Aufführung das Doppelgesichtige des Werkes umso deutlicher hervor.

So hat der 1982 verstorbene Münchner Komponist die Gesangsstimmen äußerst eigensinnig geführt. Adrian Eröd artikuliert beweglich, er gestaltet die Rezitationen mit einer schauspielerischen Freiheit, die sich Orff wohl genau so gewünscht hat. Wenn dieser seinen Sänger aber immer wieder zum hohen G hinaufzwingt, zeigt sogar ein so höhenstarker Bariton Ermüdungserscheinungen.

Den berühmten gebratenen Schwan lässt Levy Sekgapane komisch, aber immer noch geschmackvoll klagen; weil der südamerikanische Tenor von einer der oberen Etagen der Isarphilharmonie hinunterschallt, bekommt man im Parkett nicht mit, welche Körperteile er alle zusammenzwicken muss, um die Kopfstimme zwischen dem hohen C und D nicht umschnappen zu lassen. Neben diesen Schwerstarbeiten der Männerstimmen ertönt der Sopran von Jodie Devos, die ihr sinnlich betörendes Material großzügigst verschenkt: wie die Verheißung eines Engels.

Andererseits sind vor allem die so berühmt gewordenen "O Fortuna"-Anrufungen, die den äußeren Rahmen der "Carmina Burana" markieren, von überwältigender Wirkung. Es ist schon einzigartig, wie die Münchner Philharmoniker alle, wirklich alle Tutti-Schläge so punktgenau ausführen wie Pistolenschüsse. Mit seinem entschlossenen Schlag drängt der französische Dirigent Alain Altinoglu den bombastischen Apparat zu maximaler Schlagkraft zusammen und hält ihn gleichzeitig mit seinem vibrierenden Temperament am Laufen.

Die größte Gunst aber gewährt die Schicksalsgöttin dem Publikum mit dem Philharmonischen Chor. Dramatisches Skandieren der Sprache und perfekte Ausgeglichenheit aller Register sind seit jeher eine Spezialität des Chordirektors Andreas Herrmann. Wie die Damen und Herren aber auch die von Orff bewusst statisch belassenen Wiederholungen mit Energie versorgen, ja, sogar noch steigern, ist nicht der Fortuna, sondern höchster Kunstfertigkeit zu verdanken.

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