Candide: Leicht wird schwer was

Sebastian Blomberg spielt seine erste große Rolle am Resi: Die Titelrolle von Voltaires „Candide”, inszeniert von Friederike Heller
von  Michael Stadler

Keine Frage: Zum Schauspielerberuf gehört viel Durchhaltevermögen, allein beim Erarbeiten der Rollen, sowie der unerschütterliche Glaube, dass alles gut werden wird. „Es geziemt sich nicht, den Optimismus über Bord zu werfen”, meint Sebastian Blomberg. „Man muss dran bleiben, muss konstruktiv und kreativ sein, ohne sich dabei zu verspannen.” Ganz einfach ist das bei „Candide” nicht, Voltaires philosophischem Roman aus dem Jahr 1759, der jetzt von Friederike Heller auf die Bühne des Residenztheaters in aller schwer zu erlangenden Leichtigkeit gehievt wird.

Sehnsucht nach dem Guten, Erfüllung, Liebe

Sebastian Blomberg spielt die Hauptrolle, es ist sein erster großer Auftritt als Mitglied des neuen Resi-Ensembles und gleich mal ein Tour-de-Force-Ritt aus den Startlöchern der Unschuld auf den Schotterweg ernüchternder Erfahrungen. Titelheld Candide wird von einem westfälischen Schloss, wo er sich in die Baronstochter Kunigunde verliebt, in die weite Welt gejagt und erlebt eine Odyssee, die ihn bis nach Konstantinopel verschlägt. „Ich kenne Candides Idealismus”, stellt Blomberg fest, „diese Sehnsucht nach dem Guten, nach Erfüllung und Liebe. Aber ich musste schon die Uhr innerlich zurückdrehen, weil ich vieles bereits erlebt habe, was er noch erleben muss.” Die Inszenierung habe sich dem „Höllentempo” der Erzählung anpassen müssen, der 39-Jährige vergleicht sie mit einem Adventskalender, „es wird eine Tür aufgestoßen, dann sieht man einen Ausschnitt aus Candids Leben, woraufhin die Tür geschlossen wird und es zur nächsten Etappe geht.”

Das Paradies ist die Abschaffug des Todes?

Nachdem Candide Katastrophen wie das Erdbeben von Lissabon miterleben muss und immer wieder von seiner Umwelt betrogen wird, entdeckt er mit seinem Diener Cacambo jenes wunderbare Land, wo das Gold auf der Straße liegen soll: El Dorado. „Wir haben uns lange überlegt, was man in diesem El Dorado finden soll”, erzählt Blomberg. „Keine Überalterung, keine Ermüdung? Monogamie oder jeder mit jedem? Am Ende läuft es auf die Abschaffung des Todes heraus, aber wenn man darüber nachdenkt, wäre das der blanke Horror, weil sich dadurch alle Sehnsüchte des Lebens erledigen.” Bei der Recherche sei man auf das Radio-Gespräch zwischen Ernst Bloch und Adorno über Utopien gestoßen (1964), welches in die Inszenierung eingewoben wurde. „Sie meinen, dass El Dorado als Fantasieort bestehen bleiben muss. Die ,Auspinselung’ dieses Ortes würde sein Ende bedeuten.”
Obwohl er das Paradies findet, reist Candide weiter, auf der Suche nach Kunigunde, die er am Ende auch findet: „Aber auch darüber schüttet Voltaire seinen Spott, und es bleibt nur dieser Satz: ,Wir müssen unseren Garten bestellen.’ Es hilft also alles nichts: Was uns erfülllt, ist die Arbeit.” Blomberg kann diese Botschaft gut nachvollziehen. Er selbst blickt auf einen langen Weg zurück, spielte in Wien, Zürich, Düsseldorf und an den großen Bühnen Berlins, wenn er nicht gerade Filme wie „Der Baader Meinhof Komplex” drehte, in dem er Rudi Dutschke spielte.

Das geneigte Weihnachtspublikum

Zwei Rollen pro Jahr wird Blomberg am Resi spielen, dazu kommt die Übernahme von Martin Kusejs Züricher Inszenierung von „Das Interview” (ab 14.12.). „Für mich ist das jetzt ein Ausprobieren. Wohnen werde ich hier und in Berlin, wobei man sehen muss, wieviel Film ich machen kann.” Dicht wird es schon zur Weihnachtszeit: Um den 24.12. wird Blomberg auf der Bühne stehen. Grund zur Klage? „Diese bittere Pille muss ich schlucken... nein, nein ich Freude mich darüber. Das Weihnachtspublikum ist sehr geneigt”, meint Blomberg. So klingen Optimisten.


Premiere 2.12. 19.30 Uhr, Restkarten: Abendkasse

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