"Wunder Bar" im GOP: In der Bar des großen Staunens

München - Kneipensterben ist überall. Das neue Programm des GOP-Varietétheaters wurde zwar in Münster uraufgeführt, ist aber in diesem Sommer in München zu sehen. Hier ist der Immobilienmarkt ganz besonders entfesselt.
Der letzte Abend wird im GOP gefeiert
In der Wunder-Bar wird der letzte Abend gefeiert, denn ein superreicher Spekulant hat alle Gebäude mit ungeraden Hausnummern entlang der Maximilianstraße gekauft (immerhin bleiben bei diesem Deal die Kammerspiele in städtischem Besitz). Die Stammkunden sind allerdings keine Kinder von Traurigkeit. Sie erzählen vom "Zauber der Begegnung", wie er sich nur in einer Bar entfalten kann.
"Wunder Bar": Pop, Rock und mächtige Röhre
Die singende Wirtin und der rote Faden im roten Kleid ist die Münchner Sängerin Ruth von Chelius, die mit Pop, Rock und mächtiger Röhre den Laden zusammen hält. Im Job der Gastronomin wechselt sie sich mit der gleichfalls heimischen Künstlerin Julia von Miller ab und hat zudem die Show gemeinsam mit Detlef Winterberg inszeniert. Als Barkeeper plaudert, zapft und mixt TJ Wheels, der bürgerlich Till Schleinitz heißt.
Die sensationellsten Nummern der Akrobatenszene
Wenn der Berliner hinter seinem Tresen hervorkommt und sich Rollschuhe anzieht, zieht er mit lässigem Witz einige der sensationellsten Nummern der aktuellen Akrobatenszene ab. Als wäre sein temporeiches Gleiten auf welliger Skatebahn nicht schon atemberaubend genug, jongliert er dabei mit Keulen, Bällen und Ringen. Den wahnsinnigen Stunt, ein halbes Dutzend fliegender Ringe in voller Fahrt mit dem Kopf aufzufangen und sie am Hals zu tragen, ist dramatisch, denn erst einmal spielt er den zerknirschten Künstler, der es nicht geschafft hat.
Vom Gnom zur Luftakrobatin
Wenn es dann doch klappt, ist der Jubel groß. Aber solche Momente gab es zur München-Premiere häufig. Surreal wird es, wenn der Kleine Mann ohne Kopf durchs Lokal watschelt. Der Gnom, der aussieht wie ein wandelnder grauer Mantel, entpuppt sich buchstäblich und ist nach der Metamorphose die Luftakrobatin Annika Hemmerling, die am Trapez auf das Anmutigste über den Dingen schwebt. Ein ähnlich hinreißendes Ballett in der Höhe zeigt auch die Amerikanerin Vivian Spiral am und um den Luftring.
Choreografien, Manipulation und Clownerie
Zwischendurch schaut Mukhamadi Sharifzoda aus Tadschikistan vorbei und veredelt dabei Handstände zu ausdrucksstarken Choreografien. Schon sein Bewegungsprogramm liegt außerhalb der Vorstellungskraft der meisten, aber ein fassungsloses "Das geht doch gar nicht" entfährt manchem bei Winston Fuenmayor im Kampf und seiner gespenstischen Zettelwirtschaft.
Die Kunst des jungen Venezuelaners ist in der Nähe von Magie und nennt sich "Manipulation", die auf fast beunruhigende Weise fasziniert. Eine ähnliche Wirkung hat Ava, "la dame en verte" und ihre bizarre Clownerie. Die Dame in Grün ist schmerzfrei und läuft barfuß über die Scherben von Bierflaschen oder spielt, nicht ganz jugendfrei, mit einer funkensprühenden Flex. Trotzdem ist die Wunder-Bar zuverlässig familientauglich und während der nächsten Monate für einen Abend eine Pflicht-Alternative zum Biergarten.
GOP-Varietétheater, bis 6. November, Mi bis Fr 20 Uhr, Samstag 17.30 und 21 Uhr, Sonn- und Feiertag 14.30 und 18.30 Uhr, Tel.: 089/210288444