Wie man die Rente nachhaltig sichert
Die Macht der Liebe: Davon lebt die große Oper ebenso wie das Boulevardtheater. Und ein Standesbeamter, der viele andere traut, sich selbst aber nach schlechter Erfahrung nicht, ist ein schöner Lustspiel-Stoff. Curth Flatow – er starb 2011 mit 91 Jahren – zählt zu den Großmeistern des deutschen Boulevards. Aber „Der Mann, der sich nicht traut“ ist kein Meisterwerk. Und sein Alter von 40 Jahren merkt man dem Stück auch in Jürgen Wölffers Inszenierung in der Komödie im Bayerischen Hof an, die 2010 in Bonn Premiere hatte.
Jacques Breuer als Ehemuffel versucht sich mit Chargieren aus der Affäre zu ziehen. Aber die Strippen zieht souverän Breuers Lebensgefährtin Viola Wedekind, die ihn als emanzipierte Modetante zur Zwei- beziehungsweise Dreisamkeit bekehrt. Denn ohne Schwangerschaft in vierfacher Ausfertigung traut sich hier keiner. Autor Flatow nennt das selbst eine „Epidemie“. Im wirklichen Leben wären damit ja die Renten gesichert.
Zwischen den pastellbunt erleuchteten Milchglaswänden auf Thomas Peknys Drehbühne reicht dem Standesbeamten Wolfgang Jäger (Jacques Breuer) seine Sekretärin Fräulein Lamm (Simone Pfennig flötet den Namen schmelzend zart ins Telefon) nach jeder Trauung Magen-Tabletten. Beide pflegen ein striktes Dienstags-Verhältnis.
Die „Wölfchen und Lämmchen“-Idylle zerbricht, als Jägers alleinerzogener Sohn (David Adlhoch) seine Gaby (Judith Wilhelmy) heiraten will, deren Wortschatz sich auf megageil und megacool beschränkt. Und Gabys energische Tante Julia (Viola Wedekind) ins Spiel kommt. Die bringt dann Breuer/Jäger so richtig zum Spielen mit alten Gewohnheiten und neuen Wünschen – da gibt’s köstliche Slapsticks. Das beziehungsstiftende Hochwasser ist ja hochaktuell. Aber es zieht sich recht zäh bis zum epidemisch schwangeren Klischee-Happy-End.
Komödie im Bayerischen Hof, bis 27. Juli, Mo – Sa 20 Uhr, So 18 Uhr, Tel. 29 16 16 33, www. komoedie-muenchen.de
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