Was Martin Kusej in der kommenden Saison plant

Asyl in Bayern: Die kommende Saison am Residenztheater - und neue Pläne für den Marstall
Robert Braunmüller |
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Martin Kušej (re.) und sein Chefdramaturg Sebastian Huber bei der Vorstellung der neuen Saison.
Rumpf Martin Kušej (re.) und sein Chefdramaturg Sebastian Huber bei der Vorstellung der neuen Saison.

Asyl in Bayern: Die kommende Saison am Residenztheater - und neue Pläne für den Marstall

"Dramatische Zeiten verlangen Dramatik“, sagt Martin Kušej. „Wir haben versucht, eine klare politische Richtung einzuschlagen.“ Es sei erschreckend, wie sehr sich die Geschichte wiederholt, sagte er in Bezug auf die Erfolge von Rechtspopulisten in Europa – vor allem in seinem Heimatland Österreich.

In der nächsten Spielzeit stehen daher Stücke von der Antike bis zur Gegenwart im Zentrum, die sich mit menschlichen Katastrophenerfahrungen auseinandersetzen. Eröffnet wird die Saison am 23. September mit Schillers „Räubern“ in der Regie von Ulrich Rasche, der das Drama in ein „gewaltiges Maschinentheater“ einspannen wird. Einen Tag später haben Sartres „Die schmutzigen Hände“ im Cuvilliéstheater Premiere. Der Hausherr selbst inszeniert das Stück über kommunistische Parteiräson.

Im Dezember folgt dann ein Klassiker, der Menschenrechte und Staatsräson in Konflikt setzt: die „Antigone“ von Sophokles. Kušej hat Hans Neuenfels dafür gewonnen, der im Hof der gemeinsamen Kantine von Staatsoper und Residenztheater davon sprach, dass er gern wieder einmal ein Schauspiel inszenieren würde.

Um politische Gewalt drehen sich Shakespeares „Macbeth“ (Regie: Andreas Kriegenburg) und Heiner Müllers „Mauser“, den Oliver Frilic vom Kroatischen Nationaltheater in Rijeka übernehmen wird. Der Regisseur steht in seinem Heimatland derzeit stark unter dem Druck von Nationalisten.

Mit alten Nazis befasst sich Pier Paolo Pasolinis „Der Schweinestall“ (Regie: Ivica Buljan). Passend zur neuen Fremdenfeindlichkeit steht Bernard Marie Koltés’ „Rückkehr in die Wüste“ auf dem Spielplan: Amélie Niermeyer inszeniert das Stück, in dem alte Algerienkrieger die französische Provinz von muslimischen Zuwanderern säubern wollen.

Alvis Hermanis wird sich im Vorfeld seines Bayreuther „Lohengrin“ im Cuvilliéstheater mit Wagner und München auseinandersetzen. Der Regisseur hat im Herbst im Streit um die Flüchtlingspolitik eine Regie am Hamburger Thalia-Theater hingeworfen – Kušej plädiert für Meinungsfreiheit: Hermanis sei „ein streitbarer, polarisierender Regisseur“. „Ich finde das gerade interessant.“

Bei den Köpfen gibt es keine echten Überraschungen. David Bösch, Tina Lanik und Mateja Koležnik arbeiten weiter am Haus. Cilli Drexel und der Kroate Ivica Buljan stellen sich neu vor. Das Ensemble bleibt stabil. Aus Berlin wechseln Joachim Nimtz und Anna Graenzer nach München, aus Frankfurt kommt Thomas Huber. Charlotte Schwab und Thomas Loibl werden feste Mitglieder, auch Lisa Wagner wird wieder am Residenztheater spielen.

Der Intendant wird Bauherr

Wie jeder länger dienende Intendant wird auch Kušej bald zum Bauherrn. Die Ober- und die Untermaschinerie müssen erneuert werden. Er hofft, dass die seit Jahren zwischen Provisorien und Containern vagabundierende Probebühne bald eine feste Heimat findet. Er ist in Gesprächen mit Kunstminister Ludwig Spaenle über den Bau eines Probenzentrums in der Hohenlindener Straße im aufstrebenden Zamdorfer Niemandsland.

Nach der Verlagerung der Werkstätten aus dem Marstall könnte auch Klenzes ehemalige Hofreitschule renoviert werden. Nachgedacht wird über einen Umbau zu einer gemeinsam von der Staatsoper und dem Staatsschauspiel genutzen Bühne. Fix sei bisher nichts, aber der Minister sei an der Sache interessiert.

Mit der neuen Saison startet die zweite Halbzeit von Kušejs Intendanz. Der Österreicher hat seinen Vertrag im vergangenen Jahr um weitere fünf Jahre bis 2021 verlängert. Er wirkt in München zufrieden, fast glücklich. Mit einer Auslastung von 82,5 Prozent kann er das auch sein – die städtischen Kammerspiele kommen nur auf 75 Prozent. Seit Beginn seiner Intendanz sind 2000 Abonnenten neu dazugekommen.

Sorgen macht dem Kärntner die politische Situation in seiner Heimat. „Die Österreicher rücken zusammen, wenn man im Ausland über sie schimpft“, meinte er. Trotzdem will er nicht schweigen: „Ich finde das alles höchst irritierend, was da passiert“. Er hält es für möglich, dass der Kanzler Feymann zurücktreten musste, weil er einer Koalition der SPÖ mit den Rechten im Weg stand. Wenn die Entwicklung so weitergehe, dann „Gnade uns Gott“, sagte er. Aber Kušej hätte als Staatsintendant realistische Chancen für Asyl in Bayern.

Das neue Spielzeitheft steht unter www.residenztheater.de zum Download

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