Was macht Veronika von Quast?

Sie war 25 Jahre lang Gesicht und vor allem die um keinen Spruch verlegene Stimme der Comedy-Fernsehshow "Kanal fatal", und heute bezeichnet sie sich als eine "lustige alte Schachtel". Als solche hat Veronika von Quast gerade einen ungewöhnlichen Auftritt im Teamtheater Tankstelle, denn der Figur, die sie spielt, fehlen immer wieder einmal die Worte. Dann schlurft sie in pinkfarbenen Fellpuschen heran und flötet verunsichert "Oh Pardon, falsches Zimmer!", was zum Running Gag des gut einstündigen Einakters wird.
Es ist natürlich ihr Zimmer, denn Madame Ganter lebt im Heim und ist dement. Mit dem gemütvoll geduldigen Pfleger Enrico (Robert Gregor Kühn) spielt sie Karten, und der nette pummelige Kerl hört beim Bettenmachen und Windelwechsel gerne Heavy Metal. Enrico ist Fan der Band Dekubitus, und das ist auch die Bezeichnung für das gefürchtete Wundliegen von Patienten, die sich selbst nicht mehr im Bett bewegen können.
Zu diesen Heimbewohnern gehört Madame Ganter freilich nicht und sie ist mobiler, als es dem Pflegepersonal lieb sein kann. Autor und Regisseur der in München gastierenden Produktion des Altstadttheaters in Ingolstadt ist Sascha Fersch, dem schon im Herbst vergangenen Jahres mit dem Zwei-Personen-Stück "King Kong" im Hofspielhaus ein Publikumshit gelang. Ferschs Spezialität ist das Spiegeln großer und aktuell bedrängender Zeitprobleme in einem privaten Mikrokosmos.
In "Dekubitus" trifft der sich unpolitisch wähnende und systembedingt unterbezahlte Altenpfleger auf Martina Ganter (Katrin Wunderlich), die Tochter der Demenzkranken sowie prominente Vorsitzende einer rechtsliberalen Partei ist. Schnell entspinnt sich eine Diskussion, in deren Verlauf der an den Spielregeln der Demokratie uninteressierte Nichtwähler zum Klassenkämpfer wird und im Eifer versehentlich die drei in das Ein-Bett-Zimmer einsperrt.
Das kleine Stück spielt nicht zuletzt mit der Fantasie, einmal im Leben die Gelegenheit zu haben, denen da oben ganz persönlich die Meinung zu sagen. Der Diskurs umspannt unter anderem den wachsenden Pflegenotstand als Ergebnis schlechter Entlohnung, den Konflikt zwischen Wahrung der Menschenwürde im Altersheim und profitorientierter Marktwirtschaft oder die Entfremdung zwischen gewählten Volksvertretern und ihrem Wahlvolk.
Das ermüdet Madame so sehr, dass sie den Polittalk buchstäblich, aber herzerfrischend verschnarcht. Situationen wie diese holt der regieführende Stückeschreiber gerne und souverän aus seinem dramaturgischen Zauberkasten, um auch den trockenen Austausch von Argumenten bekömmlich zu machen.
Teamtheater Tankstelle, Am Einlaß 4, bis Samstag, 20 Uhr, Telefon 2606636