Was Jannik Harneit von Leonardo DiCaprio lernen kann
Spielbergs Film machte das Leben von Frank Abagnale bekannt, nun feiert das Musical seine Münchenpremiere
Er ist ein Betrüger der Extraklasse. Als Steven Spielberg 2002 in „Catch Me If You Can“ das unglaubliche Leben des Frank Abagnale verfilmte, wurde die Story weltweit bekannt. Terence McNally schrieb das Thema zum Broadway Musical um. Nun kommt es erstmals nach München in einer Produktion der Staatsoperette Dresden. Abagnale, der sich als falscher Arzt, Rechtsanwalt und Pilot durchs Leben schwindelt, wird bei Spielberg von Leonardo DiCaprio verkörpert. In München steht nun Jannik Harneit auf der Bühne, ein Absolvent der Bayerischen Theaterakademie.
AZ: Herr Harneit, als Sie studiert haben, war das Deutsche Theater noch in der Kiesgrube in Fröttmaning.
JANNIK HARNEIT: Ich bin trotzdem häufiger dort gewesen. Ich habe natürlich unsere Akademieproduktionen wie „Frühlings Erwachen“gesehen, aber auch „Thriller“, „Elisabeth“, „Evita“. Und für mich ist es etwas ganz Besonderes, jetzt im Deutschen Theater spielen zu dürfen. Das ist ein bisschen so, wie nach Hause zu kommen. Ich freue mich auch, meine Ex-Kommilitonen und Dozenten wieder zu treffen.
Es ist für die Akademie ja auch schön, sich Absolventen auf der großen Bühne anzuschauen, die es geschafft haben.
Was heißt geschafft? Aber natürlich stimmt es ein bisschen. Das ist ja auch die Motivation für alle.
Woher kam Ihre Begeisterung für das Musical?
Ich komme aus Lüneburg und bin mit meinen Eltern häufiger in Hamburg gewesen, um Musicals wie „Cats“ oder „Phantom der Oper“ anzuschauen. 2002 habe ich durch Zufall von einem Casting gehört für „Emil und die Detektive“ am Hamburger Operettenhaus. Ich wurde genommen, habe sofort Blut geleckt und auch begonnen, privaten Gesangsunterricht zu nehmen. Jahre später habe ich mich dann an der Akademie in München beworben.
Was hat Ihnen die Ausbildung dort gebracht?
Das war eine tolle Ausbildung: Man hat zehn Stunden Tanz die Woche, zwei Stunden Einzelgesangsunterricht, dazu Schauspielunterricht und das alles über vier Jahre. Davon profitiere ich gerade in der Hauptrolle bei „Catch Me If You Can“. Ohne fundierte Technik wäre das nicht zu bewältigen: Ich bin fast permanent auf der Bühne.
Im Gegensatz zu vielen anderen Musicals, hat „Catch Me If You Can“ keinen Hit, den jeder im Ohr hat.
Das Stück lehnt sich sehr an den Film an, in dem ja immerhin Leonardo DiCaprio und Tom Hanks mitgespielt haben. Die Musik ist aber großartig. Es gibt auch Pop-Musical-Balladen, aber im großen Ganzen ist alles im Stile der 60er Jahre gehalten, die Zeit, in der das Stück spielt. Komponist Marc Shaiman hat sich sehr am tollen Big-Band-Sound des Swing angelehnt, die Stücke klingen wie für Frank Sinatra geschrieben.
Sie brauchen also Crooner-Qualität.
Ich versuche es, ich gebe mein Bestes! Es macht ungeheuren Spaß. Wir haben ein großes Orchester mit drei Dutzend Musikern – und da kann man seine Stimme wunderbar drauflegen. Das Stück enthält vielleicht keine Hits aus der Zeit, aber man geht trotzdem mit einem Ohrwurm aus dem Musical wieder heraus.
Sie haben ja schon bei einem stattlichen Teil der klassischen Erfolgsmusicals mitgewirkt. Was wäre denn Ihre Traumrolle?
Also das ist jetzt bislang meine größte und intensivste Rolle. Ein großer Traum für mich wäre aber auf jeden Fall, den Tony aus der „West Side Story“ zu spielen. Die Rolle ist einfach grandios und die Musik geht unter die Haut.
Was bewundern Sie am realen Frank Abagnale?
Es ist wirklich bewundernswert wie Abagnale das über Jahre durchgezogen und verschiedene Schichten um seine reale Person herum gelegt hat. Aber es wird ihm doch zu viel: Er kommt an den Punkt, an dem er erkennt, dass er sich nicht mehr verstellen kann. Das macht schon einen großen Reiz beim Spielen aus. Jedes Mal, wenn er Leute reinlegt, denkt man, der müsse doch endlich einmal auffliegen. Aber er schafft es mit seinem kindlichen Charme immer wieder, die Leute um den Finger zu wickeln.
Ein großer Schauspieler?
Total.
Aber man sieht: Nur mit Schauspielen kommt man nicht durchs Leben.
Auf jeden Fall. Er merkt es ja spätestens, als er seine große Liebe kennengelernt hat. Er will sie einfach nicht immer weiter belügen.
Sie haben Spielbergs Film gesehen. Was können Sie von Leonardo DiCaprio für Ihre Rolle lernen?
Ich habe die Autobiographie von Frank Abagnale gelesen und versucht, mich daran zu orientieren. Der Film ist ein bisschen mehr auf Hollywood getrimmt. Und Leonardo DiCaprio? Er muss nicht singen und nicht tanzen, also hilft er mir für die Rolle nicht viel. Aber was der Regisseur mit uns versucht hat, ist schon etwas Filmisches: Gerade die kleinen Zweierszenen sollten wir so spielen, als sei eine Kamera ganz nah, ohne großes Gestikulieren. Er hat immer gesagt: „Denk es einfach und spiele es nicht, es kommt auch so rüber.“ Nichts Anderes macht DiCaprio auch im Film.
Worauf freuen Sie sich in München besonders?
Seit meiner Anstellung in Dresden vor zwei Jahren war ich nicht mehr hier. Im Hofbräukeller schaue ich auf jeden Fall vorbei.
Deutsches Theater, 1. September bis 13. September, Tickets ab 24 Euro, Karten unter 089 55 23 44 44