"Was ist eigentlich Realität?"

Er lässt Menschen ihre Namen vergessen und setzt sie in Trance: Der Hypnotiseur Jan Becker kommt im Oktober nach München
Amina Linke |
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Er lässt Menschen ihre Namen vergessen und setzt sie in Trance: Der Hypnotiseur Jan Becker.

MÜNCHEN Gedankenlesen oder Hypnotisieren ist keine Magie, sondern Psychologie! Das verrät Mentalist Jan Becker im AZ-Interview. Im Oktober kommt der gebürtige Saarländer mit seiner Show „Hypnotika“ nach München – was den Zuschauer da erwartet und woher er seine Gabe hat.

Herr Becker, was schwirrt mir gerade durch den Kopf?
JAN BECKER: So einfach ist das leider nicht (lacht). Dazu brauchen Sie eine Fokussierung. Zum Beispiel, wenn Sie sich auf eines der Symbole auf meiner Internetseite konzentrieren und es in der Luft in Gedanken nachzeichnen, sage ich Ihnen, an welches Sie denken.

Wie?
Das nennt man das ideomotorische Prinzip. Darunter fallen unwillkürliche Bewegungen, die entweder durch Beobachtung oder auch durch bloße Vorstellung von Bewegungsmustern ausgelöst werden. Diese kleinsten Muskelbewegungen sehe und interpretiere ich.

Was erwartet den Zuschauer bei Ihrer Show „Hypnotika“?
Das Faszinierende ist, die Show findet im Kopf des Zuschauers statt. Heißt: Er ist Teil der Show, wird – wenn er möchte – miteingebunden. Linkshänder werden auf einmal zu Rechtshändern, Raucher zu Nichtraucher oder Atheisten zu Gläubigen.

Das hört sich schon etwas Beängstigend an.
Ist es aber nicht. Ich zeige lediglich, dass das „Ich“ nicht nur eine Facette hat. Beispiel: Nie würde man in seinem Leben den eigenen Namen vergessen – und auf einmal fällt er einem auf der Bühne nicht mehr ein. Das zeigt: Das „Ich“ ist eine rein virtuelle Sache, die nur etwas mit unserer Vorstellung zu tun hat, mit den gelernten, täglichen Abläufen. Und das hinterfragt meine Show auf sehr faszinierende Weise. 

Hypnose durchbricht quasi Automatismen?
Genau – das Gefühl kennt jeder, wenn er mal im Urlaub zu sich selbst kommt und anfängt, sich zu hinterfragen. Es ist die Fokussierung auf eine Sache – wie bei der Hypnose.  

Und wie funktioniert die?
Stellen Sie sich vor, Sie gehen eine Treppe im Dunkeln runter und denken, Sie sind schon am Boden angekommen, aber da ist noch eine Stufe – dann treten Sie gefühlt ins Leere. In dem Moment sucht das Bewusstsein nach Halt – wenn ich diesen Moment mit einem hypnotischen Befehl verankere, dann ist das Ihr erster Halt. Der Befehl lautet „Schlaf!“ – und Sie sind sofort entspannt und in Trance. 

Da scheint allerdings Timing gefragt zu sein – woher wissen Sie, wann der richtige Moment ist?
Ich mach’ das ja schon seit ich zwölf Jahre alt bin, da kriegt man ein Gefühl für Menschen.

Woher kam das Interesse?
Meine Mutter und ich hatten einen Deal: Wenn ich zum Zahnarzt musste, habe ich ein Buch bekommen. Einmal „Das Gedankenlesen“ von Erik Jan Hanussen – und der Praxistest mit Freunden hat gezeigt: es funktioniert.

Das zeigt auch Ihr Buch „Du wirst tun, was ich will“, in dem Sie über Hypnosetechniken für den Alltag schreiben.
Das sind mitunter ganz alltägliche Dinge, zum Beispiel: Wie werde ich jemanden los, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen?

Schieben Sie gerade absichtlich Tassen und Speisekarte in meine Richtung?
Macht Sie das nervös?

Naja, schön find ich’s nicht!
Sehen Sie: Sie fühlen sich bedrängt. Machen Sie das ganz langsam während eines Gesprächs mit Ihrem Gegenüber, fühlt sich die Person irgendwann nicht mehr wohl und geht.

Reine Psychologie also!
Hypnose ist in der Tat der Ursprung der Psychotherapie – der Körper reagiert auf den Geist und umgekehrt.  Als Hypnotiseur wende ich Prinzipien an, die dem Urprinzip der menschlichen Psyche entspringen.

Wie reagieren Menschen auf Sie?
Sobald Menschen wissen, was ich mache, gucken manche mir nicht mehr in die Augen, weil sie Angst haben, da passiert dann etwas. Damit kann ich natürlich gut spielen. Und das ist auch das Ziel meiner Show, dass die Leute sich fragen, was ist eigentlich Realität?

„Hypnotika“, Das Schloss, 11. Oktober, 20 Uhr; Buch „Du wirst tun, was ich will“, Piper, 19 Euro, jan-becker.com

 

 

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