Was Bachler, Petrenko und Zelensky planen
Ein guter Intendant muss zuallererst ein guter Verkäufer sein. Da ist Nikolaus Bachler schwer zu übertreffen. Das Nationaltheater ist an einem Sonntagvormittag bei der Bekanntgabe der neuen Spielzeit bis zur Galerie hinauf besetzt. Die gedruckte Vorschau geht anschließend weg wie warme Brezen. Und hätte die Kasse offen, würden beim Erscheinen dieser Zeitung schon die ersten Schilder mit der Aufschrift „Karte gesucht“ gemalt.
Schon für die Ankündigung der ersten Premiere im November bekamen Bachler und Kirill Petrenko spontanen Beifall: Jonas Kaufmann und Anja Harteros sind die Stars im neuen „Otello“. Der Generalmusikdirektor dirigiert Verdis Oper, Amélie Niermeyer inszeniert.
Bachler preist an, Zelensky jammert
Die Neu-Kombination bekannter Namen mit länger nicht gespielten Werken kennzeichnet auch den Rest der mit „Alles was Recht ist“ überschriebenen Saison: Petrenkos zweite Produktion ist die „Salome“ von Richard Strauss mit Marlis Petersen in der Titelpartie und Krzystof Warlikowski am Regiepult.
Petrenko setzt mit einer Wiederaufnahme von „Fidelio“ und der „Missa Solemnis“ einen Beethoven-Schwerpunkt. Kurz vor Weihnachten bringt die Staatsoper die „Verkaufte Braut“ von Bedrich Smetana heraus – überraschenderweise und auf Wunsch des Dirigenten Tomás Hanus in deutscher Sprache. David Bösch inszeniert, Christiane Karg, Pavol Breslik und Günther Groissböck übernehmen die Hauptrollen.
Im Februar folgt ein eher sperriges Werk: „Karl V.“ von Ernst Krenek. Bo Skovhus gestaltet die Hauptrolle, Carlus Padrissa („La Fura dels Baus“) wird die bereits vom Komponisten als multimediales Spektakel konzipierte Zwölftonoper szenisch verantworten.
Puccinis Opernwestern „La fanciulla del West“ kommt im März mit Anja Kampe und in der Regie des Filmregisseurs Andreas Dresen heraus. Als letzte Premiere vor den Festspielen inszeniert Sidi Larbi Cherkaoui Glucks „Alceste“ mit Dorothee Röschmann, Michael Nagy und Carlos Castronovo. Und zum Abschluss der Spielzeit folgt auf die „Salome“ als Festspielfinale der von Barocknostalgikern lang ersehnte Händel: Barrie Kosky inszeniert „Agrippina“, der unvermeidliche Ivor Bolton dirigiert.
Hervorragende Zahlen
Die Auslastung von Staatsoper und Staatsballett liegt bei 97,4 Prozent. Bei jeder Karte legt der Steuerzahler noch einmal 121 Euro drauf. Das klingt nach einem Batzen Geld. Aber 38,7 Prozent des Etats der Staatsoper und des Staatsballetts werden an der Kasse oder durch Sponsoren selbst erwirtschaftet. Anderswo gilt bereits die Hälfte dieses Betrags als gute Zahl.
Wenn Bachler spricht, wird München zum Nabel der Opernwelt. Der Ballettchef Igor Zelensky wirkt dagegen ein wenig in die Provinz verschlagen: Er lamentierte über die Schwierigkeiten, gute Choreografen nach München zu holen.
Wenig Neues beim Ballett
Seine Compagnie bringt Ende Oktober den Abend „Jewels“ mit drei neoklassischen Einaktern von George Balanchine heraus. Dieser gut abgehangene Klassiker von 1967 bleibt die einzige Tanzpremiere der neuen Spielzeit im Nationaltheater – auch zur Ballettfestwoche wird es keine Neuproduktion geben. Im Juni 2019 folgt immerhin noch ein Abend der Reihe „Junge Choreographen“ im Prinzregententheater.
Eine Erklärung für diesen ästhetischen Sparkurs gab Zelensky nicht. Anscheinend will zuerst einmal das Ensemble im Uralt-Repertoire stabilisieren. Was er sich leisten kann: Denn der Publikumszuspruch für diesen Museumsspielplan ist besser als je zuvor in der Geschichte des Staatsballetts.
Die Verkündung dieser guten Nachricht überließ Zelensky dem Opernintendanten. Er mag ein guter Ballettchef sein, aber als Verkäufer müsste ihn Meister Bachler durch die Lehrlingsprüfung fallen lassen.