War es nicht ein Riesenspaß?
Zu Beginn sieht man Filmaufnahmen von der Casa Verdi in Mailand, hört Verkehrslärm. Was hat das mit „Falstaff” zu tun, dem Alterswerk, das ja eigentlich im englischen Windsor spielt? Dann wird es in Salzburgs Haus für Mozart dunkel, der Vorhang hebt sich, wir blicken ins Innere des vom Komponisten für pensionierte Künstler gestifteten Seniorenheims. Sir John räkelt sich auf einem Sofa. Ein Pianist musiziert Auszüge aus Verdi-Opern. Der Traum kann beginnen.
Ein sehr poetischer Anfang, der sogleich Atmosphäre herstellt, aber nicht ganz ungefährlich ist. Schließlich hat das von Arrigo Boito an William Shakespeare orientierte Libretto ohnehin genügend Verwirrung parat. Doch ein Besuch des Regisseurs Damiano Michieletto bei den Senioren, die dem Alter trotzen, indem sie ihre Erinnerungen hätscheln, brachte ihn auf die Idee.
Ein alter Sänger durchlebt noch einmal Falstaffs Geschichte: Ambrogio Maestri, auch in München für diese Rolle abonniert, füllte die Bühne nicht nur körperlich, sondern auch mit mächtiger Stimme. Der Zwangsaufenthalt in einem Wäschekorb plus Entsorgung in die Themse entfiel. Stattdessen durfte er sich vor dem eifersüchtigen Ford unter einem riesigen Leintuch verstecken.
Schlusspointe mit Topfpflanzen
Salzburgs „Falstaff” spielt in einem einzigen Raum (Bühne: Paolo Fantin). Die Bewohner der Casa Verdi machen mit. Während die jungen Liebenden Fenton und Nannetta miteinander turtelten, tanzten zwei Oldies eng umschlungen. Traum und Realität mischten sich. Für das Finale im Park von Windsor wurden Dutzende Topfpflanzen herbeigeschleppt. Und dann musste der arme Sir John doch noch leiden. Wie eine Leiche wurde er mit Erde und Blumen beworfen. Eine makabre, unausweichliche, aber versöhnliche Schlusspointe: Auch Erinnerungen sind nicht unsterblich.
Dass gesanglich in dieser überraschend schlüssigen Festspiel-Inszenierung nicht immer alles zum Besten stand, war zu verschmerzen. Eleonora Buratto (Nannetta) und Javier Camarena (Fenton) fehlte es an stimmlichem Glanz. Fiorenza Cedolins (Alice), Massimo Cavalletti (Ford) und Stephanie Houtzeel (Meg) zeigten allenfalls solide Leistungen. Am meisten konnte – neben dem Titelhelden – Elisabeth Kulman überzeugen: Endlich mal eine junge Mrs. Quickly, gegen die Tradition besetzt, und das war gut so.
Zubin Mehta legte vor allem Wert auf die Ensemble-Szenen. Da duldete er keine Schlampereien. Sie waren sehr genau einstudiert und wurden leider reichlich pingelig präsentiert. Ein wenig mehr spontanes Temperament hätte gut getan.
Den Wiener Philharmonikern war’s egal. Sie kennen die Partitur und legten sich für den verehrten Maestro mächtig ins Zeug. Ihnen an einem guten Abend zuhören zu dürfen, ist ohnehin ein wunderbares Geschenk.