Vladimir Korneev: Hollywood in drei Strophen

München - "Hier habe ich als Student oft gespielt", sagt Vladimir Korneev als er den Fügel im Café Mariandl erblickt. Dann bestellt er sich – natürlich – das Frühstück Tschaikowsky. Der in Georgien geborene Sänger, Tänzer und Schauspieler kommt nun zum dritten Mal in den Silbersaal des Deutschen Theaters. Mit dabei hat er seinen musikalischen Partner Liviu Petcu und sein neues Programm mit russischen und französischen Chansons von Edith Piaf, Charles Aznavour, Michel Legrand oder Vladimir Vyssotzki, Alla Pugacheva und Alexander Vertinski. Korneev interpretiert die Chansons nicht nur auf seine Art, er lebt und spielt sie mit großer Geste und ganz ohne Angst vor Pathos.
Der 29-jährige kam im Alter von 7 Jahren als Kriegsflüchtling aus Georgien nach Deutschland und absolvierte sein Schauspiel- und Gesangsstudium an der Theaterakademie August Everding in München. Die AZ sprach mit ihm:
AZ: Herr Korneev, was reizt Sie so sehr am Chanson?
VLADIMIR KORNEEV: Chanson ist pure Emotion und für mich die perfekte Verbindung zwischen Gesang und Schauspiel. Das heißt, die Freiheit zu haben, in jeder Tonlage und Note, Emotionen gesanglich und darstellerisch authentisch zum Ausdruck zu bringen. Natürlich gebe ich Einleitungen in meinem Programm, um die Menschen an die russischen Lieder heranzuführen, damit das Publikum auch weiß, worum es geht. Doch der Ausdruck und der Klang sind das Entscheidende, um die erzählten Geschichten auch fühlbar zu machen. Ich habe Chansons schon als Kind geliebt. Als die anderen Rockmusik und Pop hörten, fieberte ich mit Edith Piaf mit.
Wie stellen Sie Ihr Programm zusammen?
Die Lieder finden eigentlich mich. Und was das russische Repertoire angeht, da habe ich eine Chefberaterin: meine Mutter, die kennt wirklich alle russischen Chansons. Ich schreibe aber auch meine eigenen Lieder auf Deutsch, wie den Titelsong meines ersten Albums "Weitergehn". Es dauert allerdings noch ein wenig, bis es für ein ganzes Programm reicht. Einzelne Songs finden sich aber meist als Zugaben bei meinen Konzerten.
Man sieht sie zuletzt auch immer häufiger im Fernsehen.
Ja und das in den unterschiedlichsten Rollen. Ich war schon ein französischer Liebhaber, der ein Ehepaar auseinander bringt, jetzt ein tschetschenischer "Tatort"-Killer, davor ein schwedischer Tänzer, auch schon ein italienischer Opernsänger. Einen deutschen Straßenmusiker habe ich aber auch schon gespielt. Demnächst beginnen die Dreharbeiten zum Krimi "Stralsund" in Hamburg. Ich liebe es, so viele Verwandlungsmöglichkeiten zu bekommen. Ich denke als Schauspieler ist es für mich wichtig, gut auszuwählen, und sich auf gar keinen Fall in eine Schublade stecken lassen.
Welche ihrer künstlerischen Aktivitäten ist mehr Hobby, welche Beruf?
Ich betreibe beides mit allervollster Kraft. Und mittlerweile haben alle verstanden, dass ich tatsächlich ein klassischer Chanson-Sänger bin und auch Filme drehe. Ich bin kein Schauspieler, der auch singt.
Sie unterrichten Chanson auch als Dozent an der Theaterakademie August Everding. Worauf kommt es an?
Ich versuche, ein Handwerk zu vermitteln, mit dem man den Kern eines Liedes schauspielerisch als Monolog treffen kann. Dazu kommt dann der technische Aspekt, Kopfstimme und Bruststimme mischen zu können. Ein Chanson ist im Prinzip ein Hollywood-Film und eine Oper in drei Strophen. Jedes Wort, jeder Ton und jeder Melodiebogen muss ausgeschöpft werden.
Sie spielen selbst Piano, treten aber mit dem Pianisten Liviu Petcu auf. Warum?
Ich begleite mich zwar selbst bei den russischen Chansons, aber ich genieße es wahnsinnig die anderen Chansons mit Liviu zu spielen. Es ist eine ganz besondere Harmonie zwischen uns. Und ich bin in der schauspielerischen Gestaltung natürlich freier, wenn er spielt. Ich war mal ein singender Pianist und bin mittlerweile ein klimpernder Sänger. Aber das Klimpern reicht immerhin noch für Rachmaninow.
Sie arbeiten zu Zeit auch mit dem WDR-Rundfunkorchester.
Ich habe die Einladung erhalten, zusammen mit dem Orchester ein Chanson-Album zu machen. Liviu Petcu und ich haben fast zwei Jahre lang an den Arrangements gearbeitet. Er ist ja auch Dirigent und hat als Arrangeur die Partituren geschrieben. Ich habe Ideen geliefert. Ich sehe ja jedes Chanson als Film – und so klingen die Arrangements denn auch: nach Filmmusik. Wenn alles gut geht, soll das Album "Romance" noch dieses Jahr erscheinen.
Silbersaal im Deutschen Theater, 6 April,
Karten ab 30 Euro